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Ein Mann schaut durch eine Lupe auf sein Smartphone. Auf dem Glas spiegelt sich Computercode.
Legende: «Wir wollen zeigen, wie absurd und austauschbar Verschwörungstheorien sind», sagt Michael Lenzinger. Getty Images

Konspiratives Netz Wir basteln uns eine Verschwörungstheorie

«Die Weltherrschaft» ist ein neues Webprojekt, das nicht mit dem Zeigefinger, sondern satirisch die Bauweise von Verschwörungstheorien vermitteln will. Wie sind die Macher vorgegangen?

SRF: Auf der Website «Die Weltherrschaft» kann ich meine eigene Verschwörungstheorie zusammenbasteln. Am Schluss habe ich ein Video, das ich im Netz verbreiten kann. Im Video übernehmen Katzen oder Zahnärzte die Weltherrschaft – weshalb ausgerechnet sie?

Zur Person

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Michael Lenzinger ist kreativer Kopf des Webprojekts «Die Weltherrschaft» .

Michael Lenzinger: Indem wir Gruppierungen wählen, denen man das nicht zutrauen kann, wollen wir zeigen, wie absurd und austauschbar Verschwörungstheorien sind. Wir haben uns die unwahrscheinlichsten Verschwörer ausgedacht und haben dann dazu recherchiert.

Galt die Maxime je absurder, desto besser? Oder haben Sie ernsthaft recherchiert?

Wir haben nach Geschichten und Artikeln gesucht, die im Netz herumschwirren und diese auf möglichst absurde Weise miteinander verknüpft. Wir haben also Verbindungen hergestellt, wo es keine gibt.

Warum sagen Sie, Verschwörungstheorien seien nach einem Baukastensystem aufgebaut?

Wenn man sich viele Verschwörungstheorien anschaut, ist offensichtlich, dass sich die immer gleichen Muster, die gleichen Argumente wiederholen. Es werden auch immer ähnliche Sehnsüchte angesprochen.

Welche Sehnsüchte?

Man wünscht sich einen Feind, etwas Übermächtiges, Dämonisches, damit man sich nicht mit der echten Komplexität der Welt auseinandersetzen muss. Es gibt dieses berühmte Zitat: Wenn man weiss, wer das Böse ist, hat der Tag Struktur.

Auch darum geht es: Man kommt leichter durchs Leben, wenn der Feind bekannt ist. Und man möchte sich mit anderen Menschen verbinden, die diese Überzeugungen teilen.

Anfällige Leute lassen sich nicht belehren, aber zum Lachen kann man sie bringen.

Warum haben Sie einen satirischen Zugang gewählt?

Wir möchten auch Menschen ansprechen, die anfällig sind für Verschwörungstheorien. Die lassen sich nicht gern belehren, schon gar nicht von den öffentlich-rechtlichen Medien. Aber man kann diese Menschen zum Lachen bringen.

«Die Weltherrschaft»

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Das spielerisch-satirische Webangebot erstellt im Baukastensystem personalisierte Verschwörungstheorien . Der dazugehörige TV-Dokumentarfilm «Die Weltherrschaft» wird Anfang September ausgestrahlt. Das Projekt ist koproduziert von SRF/SRG SSR, ORF, BR und arte.

Das fördert die Offenheit und die Bereitschaft zur Diskussion. Im Idealfall spricht dieses Projekt die Verschwörungstheorie-Anhänger ebenso an wie die Kritiker. Ich hoffe, dass auf diesem Weg in den sozialen Medien Dialoge entstehen, die nicht nur von Hass und Hetze geprägt sind.

Humor ist immer gut. Aber wann wird es gefährlich?

Wenn sich eine Verschwörungstheorie stark verbreitet und mit der Aktualität verbindet, kann sie gefährlich werden. Oder wenn sie als Instrument eingesetzt wird, um die Gesellschaft zu destabilisieren.

Wo ziehen Sie die Grenze zwischen einer Verschwörungstheorie und notwendigem Misstrauen?

Die Verschwörungstheorie beginnt dort, wo man keine alternative Erklärung mehr zulässt. Dort, wo aus dem Zweifel ein Glaube wird.

Wenn man von einem bestimmten Verschwörungsnarrativ überzeugt ist und diesem alles andere unterordnet.

Auch Leute, die liberal eingestellt sind, fingen an, verschwörungstheoretische Inhalte zu teilen.

Was fasziniert Sie an Verschwörungstheorien?

Es begann damit, dass in meinen eigenen Social-Media-Feeds der Anteil an verschwörungstheoretischen Inhalten massiv zugenommen hat. Geteilt von Leuten, denen ich das nicht zugetraut hätte, die liberal eingestellt sind. Das hat mich verblüfft, ich wollte der Frage auf den Grund gehen: Warum gerade jetzt? Warum diese Renaissance?

Und welche Antwort haben Sie gefunden?

Ich glaube, das hat mit der Existenz der sozialen Medien zu tun. Hier geben sich Verschwörungstheorien, Fake News, generelle Hetze und Stimmungsmache die Hand. Hier bewegt man sich in Filterblasen, die immer bloss die eigenen Ansichten bestärken.

So wird man mutig, teilt vielleicht eher Dinge, ohne sie zu hinterfragen. Ich glaube, dass in den sozialen Medien auch Chancen stecken. Aber noch ist es nicht soweit, dass diese Plattformen die Menschen freier machen und für einen intelligenten und gesunden Dialog sorgen.

Haben Sie eine Lieblingstheorie?

Ich bin ein grosser Stanley-Kubrick-Fan. Deswegen mag ich die Theorie, dass er 1969 die Mondlandung inszeniert haben soll. Darüber gibt’s auch sehr schöne Filme. Sowohl «Mockumentaries», die das lustig aufbereiten, als auch ernsthafte Filme, die neue Beweise anführen.

Das Gespräch führte Christa Miranda.

Sendung: SRF1, Sternstunde Philosophie, 25.06.2017, 11:00 Uhr

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