Albumtipp
Very tanzbar. Eno Williams, Frontfrau der siebenköpfigen Soundwucht Ibibio Sound Machine, verbrachte den Grossteil ihrer Kindheit in der Ibibio-Region Nigerias. Mit 21 Jahren ging sie zurück in ihre Geburtsstadt London und wurde bald Teil der Gruppe, aus der sich in Kürze Ibibio Sound Machine ergeben würde. Zehn Jahre später: Am Freitag erschien das fünfte Album der Afropop-Maschinerie «Pull the Rope». Ibibio Sound Machine rufen darauf einmal mehr zu globalem Zusammenhalt, Hoffnung und Liebe auf und bleiben gewohnt tanzbar: Westafrikanischer Funk und Disco treffen auf britische Electrobeats. (Lea Inderbitzin)
Literaturtipp
Ziemlich nüchtern. Erkundungen im Nirgendwo: Vier Jahrzehnte lebt die mehrfach preisgekrönte deutsche Autorin und Übersetzerin Anne Weber bereits in Paris. Die grösste Zeit setzte sie jedoch nie einen Fuss in die Banlieues – jene Vororte, die berühmt-berüchtigt sind für ihre architektonische Trostlosigkeit, für die regelmässig aufflammenden Strassenkrawalle, für Kriminalität und Drogen. Erst auf die Einladung eines Freundes aus den Banlieues hin unternahm Anne Weber schliesslich ausgedehnte Streifzüge durch die ihr unbekannten Stadtteile. Daraus entstand das aktuelle Buch «Bannmeilen». Darin berichtet die Autorin mit nüchtern-journalistischem Blick von Betonwüsten, von Menschen ohne berufliche Perspektiven, von jugendlichen Drogenbanden. Die Streifzüge in der unbekannten Nachbarschaft haben Anne Weber die Augen geöffnet für einen marginalisierten und doch wirkungsmächtigen Teil der Gesellschaft. Ihre «Bannmeilen» tun dies bei uns Leserinnen und Lesern. (Felix Münger)
Filmtipp
Très melancholisch. Ein erfolgreicher französischer Filmschauspieler verkriecht sich wegen Bühnenpanik in einem bretonischen Thalasso-Hotel. Selfies mit der Masseurin, Versagensangst im Schlammbad, Regen vor den grossen Panoramafenstern: Es ist Zwischensaison, trist, einsam, Midlife-Crisis. Bis sich die Frau meldet, mit der er vor 15 Jahren zusammen war, bevor seine Karriere abhob. Die Vertrautheit ist sofort wieder da. Aber auch die Verletzungen. Was wäre gewesen, wenn...? Mathieu und Alice stellen sich der Frage. Spielerisch, ernsthaft, reifer innerhalb weniger Tage, abgekoppelt von ihren tatsächlichen Leben. Stéphane Brizés romantisch-melancholischer Film «Hors saison» nimmt dem Leben die Unwiderruflichkeit. (Michael Sennhauser)
Konzerttipp
Total offen. Das «Kronos Quartet» ist ein US-amerikanisches Streicher-Ensemble, das bereits seit 50 Jahren zusammen auf der Bühne spielt – demnächst aber in den Ruhestand geht. Das Besondere bei dieser Formation ist die stilistische Offenheit. Nicht nur klassische Werke gehören zum Repertoire, sondern auch im Jazz, in der Globalmusic und im Pop/Rock fühlen sich die vier langjährigen Kollegen wohl. Am 17. Mai spielt das «Kronos Quartet» im Volkshaus Zürich ihr einziges und letztes CH-Konzert in Originalbesetzung – nicht verpassen! (Roman Hošek)