Es riecht nach Farbe und frisch gekochtem Kaffee. Entspannte Konzentriertheit und Licht durchfluten den Raum. Dem Besucher des Ateliers Creahm schlägt die kreative Kraft des Ortes schon beim Eintreten entgegen.
In dem kleinen Pavillon, vier Kilometer ausserhalb der Stadt Freiburg, finden sich über die Woche 18 verschiedene Künstler ein, um an ihren Werken zu arbeiten.
Manche von ihnen kommen einmal die Woche, andere zwei- oder dreimal. Ihnen allen gemeinsam ist ihre kreative Begabung – und eine geistige oder psychische Behinderung.
«Ein kreatives Fest»
«Wann hast du Geburtstag?», fragt Silvia von Niederhäusern die Gäste im Atelier und gleich danach: «Bist du verheiratet?»
Sie nimmt gerne Kontakt auf, geniesst Aufmerksamkeit, schätzt Abweichungen vom gewohnten Tagesablauf jedoch überhaupt nicht. Sie macht sich viele Sorgen: Heute über zu viel Wasser im Farbbecher oder darüber, dass sie vielleicht nicht so viel zu malen vermag wie andere Künstler im Creahm.
«Silvia braucht viel Geduld», sagt Co-Leiterin Laurence Cotting, die sie mehrheitlich betreut. Sie habe viel Unruhe in sich. «Umso mehr verblüfft mich», ergänzt Cotting, «was trotz oder vielleicht auch wegen ihrer Negativität aus ihr herauskommt. Es ist ein kreatives Fest».
Kreise, Landschaft, Feuer
Im Laufe des Tages malt Von Niederhäusern immer mehr Kreise auf das weisse Papier, das vor ihr liegt. Die «Rundumeli», wie sie selbst die Formen nennt, fügen sich aneinander, setzen sich voneinander ab, ergeben ein Muster, eine gemeinsame Gestalt und schliesslich ein Kunstwerk sprühender Lebendigkeit.
Nicht weit entfernt sitzt die Künstlerin Myriam Schön, auf der Leinwand vor sich eine atemberaubende Landschaft. Seit 1998 kommt Schön regelmässig ins Creahm. Verständigen kann sie sich in erster Linie mit Hilfe eines iPads, auf dem sie Wörter anwählt.
Auf diese Weise teilt sie der Co-Leiterin Laurence Cotting auch mit, wie ihr Bild heissen soll: «Feuer», schreibt Cotting auf und unterzeichnet das Werk mit einem Stempel.
Mehr Beraterin als Betreuerin
Cotting unterstützt die Künstler im Creahm seit zehn Jahren. Dabei ist ihr wichtig, dass sie keine Betreuerin ist. Vielmehr versteht sie sich als künstlerische Beraterin.
Von Vorteil ist dabei, dass Cotting selbst Künstlerin ist und sehr genau weiss, mit welchen Schwierigkeiten Kunstschaffende oft konfrontiert sind.
Die Entstehungsprozesse im Creahm unterscheiden sich nicht wesentlich von denen anderer Künstlerateliers.
Nur in einem entscheidenden Punkt: Die hier arbeitenden Künstler sind frei von marktorientierten Überlegungen. Das verleiht ihrer Kunst oft ein hohes und sichtbares Mass an Unbestechlichkeit.
Kreise, Cowboy, Buchstaben: Diese Werke entstehen im Creahm
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Bild 1 von 3. Pascal Vonlanthens «Les Verts...»: Aus solchen Textbildern wurde schon Mode. Bildquelle: Pascal Vonlanthen.
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Bild 2 von 3. Alles kreist um die Rundumeli: «Ohne Titel» von Silvia von Niederhäusern, Buntstift und Aquarell. Bildquelle: Silvia von Niederhäusern.
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Bild 3 von 3. Von den USA inspiriert: «Bernard sur la route 66» in Tusche von Bernard Grangirard. Bildquelle: Bernard Grangirard.