89 Dollar und 75 Cents kostete eine Polaroid-Kamera bei der Lancierung am 26. November 1948 in einem Bostoner Nobelkaufhaus. Umgerechnet auf heutige Preise bewegte sie sich mit rund 1000 Dollar im Luxussegment.
Das Verfahren, das für die Sofortbilder zur Anwendung kam, wurde ursprünglich für militärische Zwecke entwickelt: Polaroid-Filter wurden im Zweiten Weltkrieg zur optischen Ausrüstung von Waffensystemen genutzt. Polaroid-Kameras nutzten als zivile Weiterentwicklung dieselben Techniken und steckten die Chemie einer Dunkelkammer in eine zwei Kilo schwere Handkamera.
Der Kunsthistoriker Dennis Jelonnek von der Freien Universität Berlin hat sich auf Fotografiegeschichte spezialisiert. Er sagt: «In den Anfängen wurden die Polaroids aber nicht automatisch fertig ausgeworfen, die Bildproduktion war aufwendig.» Bei den ersten Apparaten musste nämlich erst das Negativ abgezogen und dann das Bild mit einer Lackschicht fixiert werden (siehe historische Anleitung ).
Polaroid-Boom in den 1970er-Jahren
Erst in den 1970er-Jahren kamen die Kameras auf den Markt, die das Bild fixfertig automatisch auswarfen. Menschen auf der ganzen Welt hielten mit solchen Sofortbildkameras Weihnachtsfeiern und Geburtstage fest. Ein Meilenstein in der sozialen Nutzung von Bildern: Man betrachtete die als erinnerungswürdig wahrgenommenen Momente im Moment selbst bereits als Foto.
Auch Künstlerinnen und Künstler interessierten sich für Sofortbilder: Polaroids wurden manipuliert, in den Toaster gesteckt oder ausgekratzt. Pop-Art-Künstler Andy Warhol dokumentierte ab den 1970er-Jahren mit Polaroids das Nachtleben New Yorks, und er nutzte Sofortbilder als Vorlagen für seine berühmten Siebdruck-Porträts.
Die Polaroid-Kamera brachte Warhol seinem Traum näher, wie eine Maschine in der Bildfabrik zu funktionieren. «Er musste nur den Knopf drücken, alles andere machte die Kamera selbst», sagt Dennis Jelonnek, der sich für seine Dissertation mit Polaroids auseinandersetzte.
Für Warhol war die Polaroid-Kamera eine eigene kleine Factory – das Gegenteil eines Ateliers, in dem Künstler mit Pinseln hantierten – um sich selbst auszudrücken. Doch auch pinselnutzende Künstler nutzten Polaroids: etwa Gerhard Richter als Vorlagen für eine ganze Serie von Porträts.
Die Sofortbilder hatten es auch den feministischen Künstlerinnen der 1970er-Jahre angetan. Die Schweizerin Hannah Villiger etwa erkundete damit als Selfie-Pionierin ihren Körper und verfremdete ihn.
Polaroids sind also unglaublich wandelbar und teilen mit den weich gezeichneten Konturen und der eingemitteten Farbpalette doch alle denselben Look. Und der hat überlebt als nostalgisch angehauchter, total digitaler Fotofilter.