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Art Basel Das Geschäft mit der Kunst wird immer bunter

Weg mit dem Klischee des weissen, männlichen Kunstbetriebs: An der 49. Ausgabe der Art Basel sind einige Kunstwerke aufgefallen, die das Schwarz- und Anderssein thematisieren und mit dem abendländischen Kanon aufräumen. Fünf Beispiele.

Es ist bei den über 4000 Kunstwerken an der Art Basel unmöglich, einen Trend oder eine Tendenz festzumachen – zu unterschiedlich sind die Kunstrichtungen.

Die Mehrzahl der Kunstwerke reihen sich immer noch in den herkömmlichen Kunstbetrieb ein. Werke, die sich mit dem Schwarzsein oder dem Anderssein befassen, sind dieses Jahr aber besonders stark.

Rashid Johnson, «Antoine’s Organ», 2016 (Galerie Hauser & Wirth)

Rashid Johnsons zimmerhohes, kastenförmiges Werk sieht man nicht nur schon von Weitem, man hört es auch. Von vielen Ecken der Unlimited-Halle locken die Klänge, die aus dem Innersten der Installation hervordringen, das Publikum an.

Art Unlimited

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Legende: © Art Basel

Grösser, lauter, schriller: Auf der «Art Unlimited» sind Werke zu sehen, die in einer normalen Galerie keinen Platz haben. Kuratiert wird die Art Unlimited dieses Jahr zum siebten Mal von Gianni Jetzer.

Und tatsächlich: Durch unzählige Pflanzentöpfe hindurch erkennt man schliesslich einen Mann, der im Halbdunklen an einem Klavier sitzt und spielt. Rashid Johnson hat den Pianisten Antoine Baldwin aka «Audio BLK» beauftragt, während der ganzen Messe hier zu spielen.

Der 41-jährige Johnson zählt zu den konzeptuellen Post-Black-Künstlern und hat «Antoin’s Organ» mit zahlreichen Referenzen bestückt: Auf den Regalen liegen Bücher mit Titeln wie «The Souls of Black Folk» (deutscher Titel: «Die Seele der Schwarzen»).

Dazu kommen Skulpturen aus Sheabutter – einem Produkt aus Afrika, das in Johnsons Jugend in Chicago zum Grundinventar jedes afroamerikanischen Haushaltes gehörte.

Helen Verhoeven, «Church I», 2018 (Galerie Stigter van Doesburg)

Was wäre, wenn man Helen Verhoeven vor 500 Jahren gebeten hätte, eine Kirche zu bauen? Diese Frage stellt sich die 44-jährige holländische Künstlerin – und gibt die Antwort gleich selbst.

Mitten im Art-Rummel steht ein kleines Gebäude, das als sakraler Raum erkennbar ist und doch markante Unterschiede zu einer herkömmlichen Kirche aufzeigt: marokkanische Teppiche am Boden, ein Kronleuchter aus tropfenförmigen Elementen an der Decke, Tonfiguren – oder, wie es die Künstlerin selber zusammenfasst: «… biblical proportions, but also with pretty light and naked ladies» – … biblische Proportionen aber auch mit hübschem Licht und nackten Damen.

Candice Breitz, «TLDR», 2017 (Goodman Gallery)

Zwei Frauen stehen vor zwei Bildschirmen
Legende: Besucherinnen schauen sich Candice Breitz' Werk «TLDR» an. Goodman Gallery, kaufmann repetto, KOW © Art Basel

Vielschichtig und gross ist das Werk, das die berühmte südafrikanische Künstlerin Candice Breitz dieses Jahr auf der Unlimited zeigt: «TLDR» steht für «Too long, didn’t read» und ist in zwei Teile aufgeteilt: Im einen Saal zeigt sie einen einstündigen Film über SexarbeiterInnen in Kapstadt, im anderen Saal werden die einzelnen «Sex Workers» porträtiert (zum Video auf Vimeo).

Weisssein, Privilegien und die Sichtbarkeit davon sind die Themen einerseits. Breitz geht aber noch weiter und wirft Fragen auf über ihre eigene Rolle als Künstlerin, unsere sinkende Aufmerksamkeitsspanne und unseren Fetisch für VIPs. Damit trifft die Künstlerin viele wunde Punkte – gerade auch des Art-Publikums.

Kehinde Wiley, «Saint Gregory the Great», 2018 (Templon)

Porträt eines Mannes, der ein Buch auf dem Schoss hat.
Legende: Kehinde Wiley, Saint Gregory the Great, 2018. Öl auf Leinwand, 243,8 x 182,9 cm. Courtesy Galerie Templon, Paris et Bruxelles. © Kehinde Wiley Studio. Photo : Sebastiano Pellion di Persano

Bereits Jahre bevor sich Barack Obama von Kehinde Wiley porträtieren liess, hatte die Pariser Templon Galerie den afroamerikanischen Künstler im Programm. Seit 2011 stellt sie Wileys Porträts aus, die schwarze Modelle in Posen der westlichen Malerei zeigen.

Das Bild «Saint Gregory the Great» allerdings ist brandneu: Wiley hat es kurz vor Messebeginn fertiggemalt. Es zeigt einen Haitianer, der Goyas « Papst Gregor den Grossen » nachstellt.

Lubaina Himid, verschiedene Werke (Hollybush Gardens)

Lubaina Himid wurde in Sansibar geboren, wuchs in Grossbritannien auf und gewann letztes Jahr als erste schwarze Künstlerin den prestigeträchtigen Turner Prize.

Seit Jahrzehnten setzt sich die 64-Jährige mit verschwiegenen Kapiteln der Geschichte auseinander und macht sich dafür stark, dass Frauen aus Asien und Afrika in der Kunstwelt sichtbarer werden.

In der kleinen Schau in der «Feature»-Sektion der ART-Basel gibt es Malerei sowie dreidimensionale Werke zu sehen – und Zeitungsausschnitte: Himid fiel auf, wie häufig die britische Zeitung «Guardian» Fotos von Schwarzen in Zusammenhang mit negativen Schlagzeilen zeigte.

Die Künstlerin griff ein: Indem sie etwa Werbung auf der besagten Zeitungsseite übermalte und so die Stereotypisierung thematisierte.

Sendung: Radio SRF, RegionalJournal Basel, 11.6.2018, 17:30 Uhr

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