Wann ist ein Mann ein Mann? Das wollte Herbert Grönemeyer bereits 1984 in seinem Song «Männer» wissen. Die Frage ist heute noch so aktuell wie vor 36 Jahren – und hat mit Diskussionen um #metoo und Begriffen wie «toxischer Männlichkeit» zusätzlich an Brisanz gewonnen.
In der Ausstellung «Der erschöpfte Mann» widmen sich die Kuratoren Juri Steiner und Stefan Zweifel im Landesmuseum Zürich nun der Suche nach Männerbildern, Rollenzuschreibungen und Vorbildern.
Fünf Gründe, warum die Ausstellung sehenswert ist:
1. Die Ausstellung blickt 2000 Jahre zurück – und wirkt trotzdem nicht verstaubt
Zu sehen gibt es gescheiterte Helden der Antike und müde gewordene Ritter – aber auch Künstler des 20. Jahrhunderts auf der Suche nach sich selbst. Die Ausstellung versteht sich nämlich als Reflexion über das Bild des Mannes in 2000 Jahren europäischer Kulturgeschichte. Sie fokussiert auf historische Begriffe von Männlichkeit, auf ideale Vorstellungen von Heldenhaftigkeit – Mut, Kraft, Integrität – und auf deren Scheitern.
2. Sie stellt überraschende Zusammenhänge her
Beispielsweise zu Beginn der Ausstellung: Im Neubau des Landesmuseums steht eine späthellenistische Figurengruppe, die den Apollo-Priester Laokoon und seine Söhne im Kampf mit der Schlange zeigt. Laokoon war ein angesehener Mann – und wusste das auch. Weil er glaubte, dass er sich alles erlauben kann, hatte er auf dem Altar seines Gottes Sex. Dafür wird er von den Göttern bestraft, die ihn und seine Söhne von einer Schlange erwürgen lassen.
Hinter dieser Skulptur ist eine Videoarbeit zu sehen, die den französischen Fussballer Zinédine Zidane zeigt. In Frankreich wurde er als «Fussballgott» tituliert. Das Video zeigt ihn 2005, als er in einem Spiel mit einem Kopfstoss seinen Gegner zu Boden bringt. Die beiden Männergeschichten gleichen sich mehr, als man zuerst annimmt: Beiden ist der Ruhm zu Kopf gestiegen.
3. Sie betrachtet den Begriff der Männlichkeit auch aus weiblicher Perspektive (wenn auch zu wenig)
Unter den rund 200 kultur- und kunstgeschichtlichen Objekten sind auch einige Werke von Künstlerinnen wie Louise Bourgeois, Maria Lassnig oder Sarah Lucas zu sehen. Sie verschaffen der Suche nach dem Männlichkeitsbegriff weitere Betrachtungswinkel: Teils kritisch, teils zugewandt. Diesen Aspekt hätte man vertiefen können!
4. Die Inhalte sind auch mit einem Augenzwinkern versehen
Wie bei dieser Vitrine mit einem sehr erschöpften Skellett:
5. Die Ausstellung transportiert ihre Message subtil
Dass sich Männer auf der Suche nach wahrer Männlichkeit zu selbstschädigendem Verhalten verleiten lassen, zieht sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung. Sei es, dass sie sich – wie Laokoon und Zidane – durch Regelverstösse ins Abseits bugsieren, dass sie durch Drogen die Gesundheit ruinieren oder beim Rasen im Auto die Kontrolle verlieren. Die Interpretation der Werke wird aber nicht vorgegeben, sondern den Besuchenden überlassen.