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Ausstellung im Landesmuseum Wo die Krise herrscht, ist die Utopie nicht weit

Utopien gedeihen in Krisenzeiten besonders gut. Eine Ausstellung im Landesmuseum Zürich geht diesem Phänomen nach – historisch und aktuell.

Museen versuchen immer wieder, sich in aktuelle Diskurse einzubringen. Das Landesmuseum Zürich hat dafür jetzt eigens eine Reihe kleiner Themen-Ausstellungen geschaffen.

Den Anfang macht eine Ausstellung über Gesellschaftsutopien in Krisenzeiten. Denn: In Zeiten grosser Krisen beginnt man sich zu fragen, wo es hakt und was man in Zukunft besser machen könnte. Das ist heute nicht anders als früher.

Eine Reise durch Utopia

Anfang des 16. Jahrhunderts verfasste beispielsweise Thomas Morus die Zukunftsvision einer idealen Gesellschaft, die weder Todesstrafe noch grosse soziale Ungleichheiten kennt. Mit seinem Buch «Utopia» startet die Ausstellung «Virus – Krise – Utopie» im Zürcher Landesmuseum.

In «Utopia» berichtet ein fiktiver Seefahrer von der fiktiven Insel Utopia und was er dort erlebt hat. Auf Utopia ist die Welt ein idealer Sozialstaat: Alle Menschen sind gleich, es gibt kein Privateigentum und keine Geldwirtschaft.

Bildergalerie

In der Ausstellung begegnet man weiteren Utopien. Einige, die sich bewahrheitet haben, andere, die Hirngespinste blieben. So zum Beispiel die trichterförmigen Wohnanlagen, die der Schweizer Künstler Walter Jonas in den 1960er-Jahren ersann und die der uferlosen Ausbreitung von Städten entgegenwirken sollte.

Debatte um Grundeinkommen

Viele Fragen, die frühere Utopisten beschäftigten, seien auch heute noch aktuell, sagt Kuratorin Marina Amstad. «Die Corona-Krise regt viele Menschen dazu an, die Gegenwartsgesellschaft kritisch anzuschauen.» So zum Beispiel die Konsumgesellschaft, die Klimakrise oder die Frage nach sozialer Gerechtigkeit.

Die Ausstellung kombiniert den Blick auf historische Utopien mit Aussagen aus aktuellen Debatten – zum Beispiel die Debatte um das bedingungslose Grundeinkommen. 2016 war dieses an der Urne gescheitert.

Die Pandemie und damit einhergehende wirtschaftliche Probleme könnten das Thema wieder aktuell werden lassen, so Amstad: «Es wäre spannend zu sehen, wenn wir in der Schweiz nochmal einmal darüber abstimmen würden, ob dann mehr als nur 23 Prozent dafür stimmen würden.»

Bild von vielen wirren Leuten, die teilweise halb Kuh sind
Legende: Impfgegner gab es schon anfangs des 19. Jahrhunderts: Damals hatte man Angst, sich durch die Pockenimpfung in eine Kuh zu verwandeln. Landesmuseum Zürich / Creative Commons

Die Welt neu denken

Die Ausstellung präsentiert Text und Bild-Dokumente auf Touch-Screens, die corona-konform bedient werden können. Und die den Vorteil haben, dass jederzeit neue Thesen, neue Dokumente mit aufgenommen werden können.

Auf Vollständigkeit erhebt die Schau dennoch keinen Anspruch. Denn: Denkansätze gibt es viele. Ziel sei es, einige davon vorzustellen und damit aktuelle gesellschaftlichen Fragen neu zu denken.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 3.3.2021, 17:10 Uhr ; 

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