Was die Trinksitten betrifft, hat die Barockzeit einen zweifelhaften Ruf: «Man hat viel getrunken. Deswegen wird das 16. und 17. Jahrhundert auch als ‹Hauptzech-Epoche› des deutschen Volkes bezeichnet – oder als Saufzeitalter», sagt Sabine Söll-Tauchert, Kuratorin der Basler Ausstellung «Schöner trinken».
Dieser Alkoholkonsum hatte aber zuallererst praktische Gründe. «Wasser war häufig verunreinigt, deswegen waren Wein und Bier Grundnahrungsmittel. Sie waren Teil des Nahrungsmittelbedarfs.» Dabei enthielten Wein und Bier damals meist weniger Alkohol als heute. Der Alkoholkonsum hielt sich im Alltag deshalb wohl in Grenzen.
Trinkspiele waren gross in Mode
Anders war es bei Festen und Banketten, besonders beim Adel und dem wohlhabenden Bürgertum. Schriftliche Quellen erwähnen teils gewaltige Mengen. Da wird auch mal von acht Litern Wein und elf Litern Bier berichtet – pro Person versteht sich.
Dies schlägt sich auch in der Sprache nieder. «Es ist immer von ‹Saufen› die Rede, von ‹Zechen›, Menschen werden ‹besoffen› – also sehr derb», sagt Sabine Söll-Tauchert.
Es ging also hoch her an solchen Banketten. Bemerkenswert auch: Trinkrituale und Trinkspiele waren gross in Mode. Zu solchen Gelegenheiten haben sich die Leute regelrecht gegenseitig abgefüllt.
Das fing an mit dem «Willkomm» für den Gast. Das sind meist grosse, prunkvolle Pokale aus vergoldetem Silber. Man musste einen solchen Pokal in einem Zug leeren, wie dies Quellen aus dem 17. Jahrhunderts belegen. Wer dies nicht schaffte, dem wurde nachgeschenkt.
Ähnlich ist es mit dem sogenannten Sturzbecher. Dieser hat keinen Fuss, man muss ihn also kopfüber auf den Tisch stellen. Was eben nur geht, wenn man ihn restlos ausgetrunken hat.
Einige Sturzbecher in der Sammlung haben ein kleines Extra. Am Boden des Bechers ist eine kleine, sehr kunstvoll gearbeitete Windmühle angebracht, dazu ein Röhrchen. Der Becher wird gefüllt, der Gast pustet einmal feste in das Röhrchen und treibt damit das Windrad an. Solange es sich dreht, hat er Zeit auszutrinken. Wenn das Windrad stillsteht, muss der Becher leer sein.
Gefässe waren auch Zeichen für Einfluss
Die Ausstellung beschränkt sich jedoch bei weitem nicht auf solche verspielten Trinkgefässe. Zu sehen ist eine Fülle barocker Gefässe: vom relativ einfachen Becher bis zum prunkvollen Schaugefäss, das eigentlich gar nicht gedacht war, um daraus zu trinken. «Das war eine Wertanlage, eine Sicherheit – vor allem aber eine Demonstration der eigenen Macht.»
Die Kuratorin Sabine Söll-Tauchert und ihr Team haben mit dieser bedeutenden Privatsammlung arbeiten können. Sie haben die Objekte wissenschaftlich aufgearbeitet und auch einen umfangreichen Katalog erstellt. Zum ersten Mal überhaupt ist die Sammlung nun öffentlich zu sehen – in einer äusserst sorgfältig und aufwendig gemachten Ausstellung.