Es ist nicht Architekturfotografie. Es ist nicht Landschaftsfotografie. «Ich wüsste nicht, was es ist, wenn es nicht Kunst wäre», sagt der Künstler Georg Aerni verschmitzt.
Tatsächlich erinnern seine Bilder an Gemälde oder künstlerisches Grafikdesign. Eine Wand in einem Steinbruch zum Beispiel, die aussieht wie gemalt. Oder eine Landschaft von Gewächshäusern in Südspanien, die wirkt, als wäre sie mit dem Lineal gezeichnet.
Architekturfotografie trifft Kunst
Man realisiert das manchmal nicht gleich, doch seine Bilder sind hochpräzise, akribische Kompositionen. Georg Aerni war in jungen Jahren Architekt, kam dann zur Architekturfotografie und zur Kunst. Er ist ein minutiöser Planer, der nichts dem Zufall überlässt. So setzt er für seine Kunst seine Fähigkeiten als gelernter Architekt ein.
Im Gegensatz zum Architekten, könne er als Künstler von A bis Z alles selbst erledigen und kontrollieren. «Von der Planung bis zur Ausführung, ich kann das alles selbst machen. Das finde ich sehr schön», erzählt Aerni.
Ein Künstler und Kontrollfreak
Georg Aerni ist in seiner Kunst ein Kontrollfreak, gar ein Besessener. Das beginnt schon mit dem Suchen und Finden seiner Motive. Er studiert beispielsweise Luftaufnahmen von Landschaften, um interessante Objekte ausfindig zu machen. Wann immer er unterwegs ist, macht er sich Notizen und trägt mögliche Motive sorgfältig in einer Karte auf seinem Handy ein.
«Oft bin ich ohne meine professionelle Kamera unterwegs. Dann mache mit meinem Handy Notizen und kehre dann später – möglicherweise auch erst viele Jahre später – an diesen Ort zurück, um die Aufnahme zu machen», erzählt er. Das Wetter und die Jahres- und Tageszeit müssen stimmen, damit er jene Lichtverhältnisse vorfindet, die er für seine Aufnahmen braucht.
Viel Technik für vielversprechende Bilder
Für seine Bilder verwendet er eine Grossbildkamera, wie man sie auch in der Architekturfotografie einsetzt. Hierbei lässt sich das Objektiv «shiften» – also quer und hochkant verschieben. Das lässt Perspektiven zu, die mit einer gewöhnlichen Kamera nicht möglich wären.
Der Blick ist immer gerade auf das Motiv gerichtet. Da ist nichts zufällig schief, sondern alles im Lot. «Mit meiner hochtechnischen Kamera habe ich sehr präzise Gestaltungsmöglichkeiten. So kann ich die Bildkomposition sehr klar definieren», erklärt Aerni.
Manchmal schön, manchmal hässlich
Die Wirkung seiner Werke ist bestechend. Manche der Bilder sind irritierend. Auf den ersten Blick meist unscheinbar, bei näherer Betrachtung immer vielschichtiger. Besonders stark wirken sie als Grossformate, wie sie nun in der Ausstellung «Silent Transition» in Winterthur zu sehen sind.
In manchen steckt eine leise Ironie. Manche wirken beruhigend, fast hypnotisch. Georg Aernis Bilder sind nie eindeutig. Oft versteht man beim Betrachten nicht gleich, was da eigentlich abgebildet ist. Und das ist gut so: Denn man kann darin sehen, was man will.