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Ausstellungsbesprechung: Englische Malerei in der Fondation de l'Hermitage
Aus Kultur-Aktualität vom 08.02.2019. Bild: Keystone / Laurent Gillieron
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Ausstellung in Lausanne Neue Sicht auf englische Malerei

Von William Turner bis James McNeill Whistler: Die Fondation de l’Hermitage in Lausanne rückt englische Kunst aus dem 19. Jahrhundert neu ins Rampenlicht.

Es ist eines der schönsten Häuser der Stadt Lausanne: Das Herrenhaus namens L'Hermitage liegt auf einem Hügelzug über der Lausanner Altstadt. Der Blick auf den Lac Léman geht nicht weit – Frankreich ist wegen des winterlich trüben Wetters nicht zu sehen.

Szene aus der Ausstellung. Menschen stehen vor dem Gemälde «Das britische Reich» von John Bratt. Es zeigt Wasser, Schiffe und Wolken.
Legende: Grosses Reich in Sicht: «Das britische Reich» ist ein Sinnbild für die Epoche unter Königin Victoria. Keystone / Laurent Gillieron

Im Haus hängt ein Bild, das ebenfalls Wasser zeigt, bei dem der Horizont in Wolken übergeht. «Das britische Reich» heisst dieses Werk – ein Reich so gross, dass es keine Grenzen hat. Ein Sinnbild für die Epoche unter Königin Viktoria, eine Blütezeit Grossbritanniens.

Eine Stil-Insel

Zwischen 1830 und 1900 entwickelte sich die dortige Kunstszene besonders vielfältig. Kurator William Hauptman zeigt sich begeistert: «Die Originalität und Diversität der Bilder ist absolut faszinierend», schwärmt er.

Ausstellungshinweis

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Die Ausstellung «Englische Malerei – von Turner bis Whistler» findet vom 1. Februar bis zum 2. Juni 2019 in der Fondation de l'Hermitage in Lausanne statt.

Was macht die englische Malerei so besonders? Hauptman führt das unter anderem auf die geografische Lage Grossbritanniens zurück: «Die britischen Künstler sind als Inselbewohner einen anderen Weg gegangen. Sie haben einen eigenen Stil entwickelt, gebunden an ihre Traditionen, ihre Literatur und ihre Heimat – ein früher Brexit gewissermassen.»

Motive aus dem Alltag

Landschaftsbilder hängen neben Szenen aus dem Alltag: eine Post in London kurz vor der Schliessung beispielsweise. Bilder, die davon zeugen, dass der Mittelstand in der industriellen Revolution nach Sujets aus seinem Alltag verlangte.

Ein Mann schaut sich das Gemälde «Nicht Neues vom Meer» an.
Legende: Trauernde Fischerfamilie statt High Society: Frank Holl malte «Nichts Neues vom Meer» im Auftrag der Königin. Keystone / Laurent Gillieron

Besonderes Augenmerk verdient das Gemälde «Nichts Neues vom Meer» von Frank Holl. Auftraggeberin dieses Werks war Victoria persönlich. Die Königin hatte ausgerechnet ein Bild bei jenem Maler bestellt, der die Kehrseite dieser Blütezeit auf die Leinwand brachte: Armut und soziale Ungleichheit. Das Bild zeigt eine arme Fischerfamilie, die damit leben muss, dass der Mann wohl nicht zurückkehrt von der See.

Eine Königin, die einem Künstler derart freie Hand lasse, wäre in anderen Ländern wohl kaum möglich gewesen, sagt Kurator Hauptman.

Ein Gemälde von William Turner. Es zeigt eine Landschaft und Wasser.
Legende: Typisch Turner: Der englische Maler war ein Meister des Lichts. Tate, London 2019

Höhepunkt der Ausstellung sind die Landschaftsbilder von William Turner, der die Moderne vorwegnahm. Für Kurator Hauptman ist Turner ein Ausnahmekünstler: «Er war ein Genie, seiner Zeit im 19. Jahrhundert weit voraus.»

Perfekte Kulisse

Die Ausstellung in der Hermitage von Lausanne schlägt einen stimmigen Bogen von Turner bis zu Whistler – einem anderen wichtigen Maler dieser Epoche.

Sie ist stilistisch so vielfältig, dass sie manchmal etwas überladen wirkt. Dass es den Ausstellungsmachern dennoch gelingt, die viktorianische Epoche zu neuem Leben zu erwecken, hat viel mit dem Lausanner Herrenhaus zu tun. Auch dieses stammt aus jener Zeit und bietet die perfekte Kulisse.

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