Da steht er, dieser junge, kräftige Mann, die Beine weit gespreizt, die Ärmel hochgekrempelt. Mit beiden Händen über dem Kopf holt er Schwung für den nächsten Schlag mit seiner Axt. Schon bald dürfte der Baum fallen.
Von friedlich bis brachial
So kennen wir Hodlers «Holzfäller». Dabei gibt es nicht den einen, sondern 18 verschiedene. Zehn davon zeigt das Kunstmuseum Luzern. Dem Museum ist es damit gelungen, zum ersten Mal überhaupt so viele Hodler-Holzfäller aus ganz Europa zusammenzutragen.
Zum ersten Mal ist es also möglich, die vielen Holzfäller zu entdecken. «Es gibt Winterbilder, Frühlingsbilder. Es gibt solche mit Landschaften und solche ohne», sagt Eveline Suter, Kuratorin der aktuellen Ausstellung im Kunstmuseum Luzern
Auch die Mimik des jungen Holzfällers unterscheide sich, erklärt Eveline Suter. «Einige Bilder sind stark ausgearbeitet und zeigen eine friedliche Mimik. Es gibt aber auch solche mit brachialer Mimik. In der Grundhaltung sind sie aber identisch.»
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Am Anfang stand das Geld
Welches der allererste «Holzfäller» war, lasse sich heute nicht mehr sagen, sagt Kuratorin Suter. Was man weiss: Ferdinand Hodler sollte die 100er- und später die 50er-Note entwerfen. Für diese wählte Hodler eben den «Holzfäller».
Die Skizzen zur Banknote verraten, wie sich Hodler Schritt für Schritt an den «Holzfäller» herangearbeitet hatte. Hodler stellt ihn mal in einen Buchen-, dann in einen Tannenwald. Er justiert die Körperhaltung. Man sehe, sagt Kuratorin Eveline Suter, wie Hodler an Details gearbeitet habe.
Ab nach Deutschland
Damals, um 1910 herum, war Ferdinand Hodler ein angesehener und erfolgreicher Künstler, nicht nur in der Schweiz, auch in Deutschland. Dort schlug der «Holzfäller» so richtig ein.
Nach einer Berliner Ausstellung wurde er schon bald Motiv für Karikaturen. Der kräftige, anpackende Holzfäller war populäres Sujet für innerpolitische Debatten. In Deutschland war die germanische, bodenständige Figur besonders bis Anfang des Ersten Weltkriegs beliebt.
Ein Anpacker oder ein Kaputt-Macher?
Noch heute hält er in der Schweiz von konservativ bis links für politische Debatten her. «Das kann im positiven Sinn gedeutet werden, im Sinn von Aktivität: ‹Ich packe das an. Ich mache das›», so Eveline Suter.
Doch genauso wird der Holzfäller für negative Botschaften genutzt: «Im Sinne von ‹ich mache das jetzt kaputt.› Zu viel Kraft, zu viel Lärm findet statt.»
Hodler habe die starke Symbolik bewusst gewählt. Er selbst meinte dazu: «Man muss diesen Holzfäller nur in den Raum stellen und schon ist das Bild komponiert.»
Eveline Suter beschreibt das so: «Das ist so eine einfache Figur, die aber sofort symbolisch greift.»