«Ihr werdet euch an der Druckerpresse gut verstehen», meinte Verleger Walter Keller und schickte Robert Frank zu Gerhard Steidl. Er sollte Recht behalten. Ab 1989 druckte Steidl Franks Bücher für den Scalo-Verlag. Seit 2004 gaben die beiden gemeinsam über 30 Bücher im Steidl Verlag heraus.
«Wir haben einen Plan gemacht», sagt Steidl über die Zusammenarbeit. Bis zu Franks Tod 2019 wurden Neuauflagen seiner bestehenden Bücher, überarbeite Neuauflagen und neue Publikationen herausgegeben.
Steidl hat dazu eben das Buch «Robert Frank. Books and Films. Published by Steidl» herausgegeben und zeigt eine kleine Ausstellung in Winterthur.
Der schweizerisch-amerikanische Fotograf Robert Frank wurde mit seinem Buch «The Americans» 1959 berühmt. Fotografinnen und Fotografen weltweit wurden von seinen subjektiven und eminent politischen, oft unscharfen oder schrägen Fotos beeinflusst.
Nach «The Americans» hat Frank Filme gedreht und später über Polaroids wieder zur Fotografie gefunden.
Geschichten ohne Worte
Seine Fotos hat Robert Frank immer zu Büchern zusammengestellt. Mit Leim und Schere bastelte er Modelle, auch Maquetten genannt. Er perfektionierte das Geschichtenerzählen – ohne Worte, allein über Bilder und ihre Abfolge.
Maquetten herzustellen ist auch für den Verleger Gerhard Steidl zentral. Wie fällt welches Papier? Mit welchem Geräusch? Welches Format passt? Und welche Abfolge von Fotos funktioniert? Das alles und vieles mehr wird mit Maquetten ausprobiert. «Da gibt’s keine Regel», so der Verleger.
Fertige Projekte über den Haufen werfen
Bei Robert Frank habe es eh keine Regel gegeben. Er habe das gemacht, was er wollte, sagt Steidl. «Und am nächsten Tag hat er ganz etwas anderes gemacht. Nur um die Person zu ärgern, mit der er gearbeitet hat.»
Oft genug hatte Frank Recht mit seiner Bösartigkeit. «Ich habe von ihm Buchgestaltung gelernt», gibt Steidl unumwunden zu. Was das heisst? Zum Beispiel nie das beste oder wichtigste Foto an den Anfang zu stellen.
Gerhard Steidl vergleicht gelungene Fotobücher mit Theaterstücken und Musik. Ebenso wichtig wie ein starker Start sei die gesamte Dramaturgie. Mit Paukenschlägen werde gegen Ende die Spannung erhöht: «Ich habe das beste Foto meistens in der Mitte oder im letzten Drittel.»
Schweigen und Brummeln
Die Zusammenarbeit mit Frank funktionierte weitgehend ohne Worte. Auf dem Tisch ausgelegte Drucke, davor Frank und Steidl. «Jeder hat was geschnippelt oder mit dem Filzer Schwärzen reingezeichnet». Am Schluss habe Frank gemurmelt: «Das was wir vorhin hatten, sah eigentlich ganz gut aus.» Das sei‘s gewesen.
Bis Frank ein Fax schickte mit einer letzten Änderung, die alles wieder auf den Kopf stellte. Man habe halt so lange gearbeitet, «bis es stimmt», sagt Gerhard Steidl trocken. Und verschwindet. Im Verlag in Göttingen werden die Fotos von Michel Comte gedruckt. Da muss er dabei sein.