Der Kabarettist und Schauspieler Beat Schlatter setzt sich für einmal als Fotograf in Szene: In seinem Buch «Rock'n'Roll Hinterland – Swiss Backstages» gewährt er einen Blick in die Garderoben von über 200 Schweizer Veranstaltungsorten.
SRF: Nehmen Sie die Stimmung stark wahr, die von einer Künstlergarderobe ausgeht?
Beat Schlatter: Ja, die Stimmung einer Garderobe nimmt man zu 100 Prozent wahr. Das heisst aber nicht, dass der Auftritt nachher besser oder schlechter ist. Vielmehr hängt der Auftritt davon ab, ob man schlechte Stimmung oder Unzulänglichkeiten der Garderobe ausblenden kann. Genauso muss man ja auch private Probleme ausblenden können. Das gehört nicht auf die Bühne.
Einige Künstlergarderoben sind unpersönlich und steril, wie beispielsweise im KKL Luzern. Es gibt aber auch umfunktionierte Waschküchen, wie im Dorfladen in Tschiertschen. Da prallen Gegensätze aufeinander. Wie wirkt das auf Sie?
So wie im KKL sind zirka 60 Prozent aller Künstlergarderoben – ziemlich klinisch. Der Vorteil ist da: man lässt nach dem Auftritt nichts liegen – das sieht man sofort.
Bei einer Gerümpelkammer von Garderobe ist es hingegen gut möglich, dass beim nächsten Auftritt etwas fehlt.
Der Dorfladen in Tschiertschen war ein spezieller Fall: das war bei den Dreharbeiten eines Jungfilmers, der überhaupt kein Geld hatte. Er fragte bei Einwohnern, ob er bei ihnen im Keller eine Künstlergarderobe einrichten durfte.
Darum sieht das ziemlich improvisiert aus. Ich habe bei diesem Film gratis mitgespielt – quasi zur Unterstützung der Filmbranche. Das mache ich einmal im Jahr. Darum passt das alles irgendwie zusammen.
Es findet nichts Spektakuläres in der Künstlergarderobe statt.
Dann gibt es im Buch dieses wunderbare Bild eines Paravents vor einem Baum, in Ardez. Was ist die Geschichte dahinter?
Das war bei einem Aussendreh mit einer Produktionsfirma, die Computeranimationen für Disney macht. Diese Leute sitzen normalerweise drinnen vor dem Computer – Dreharbeiten im Freien mit echten Schauspielern kenne sie gar nicht.
Dementsprechend waren sie unerfahren, wenn es darum geht, eine Garderobe zu organisieren. Da hat jemand von einem privaten Balkon einen Paravent mitgebracht und gedacht: das wird ja wohl reichen.
Wie fühlt man sich im alten Warteck in Basel, wenn man sich zwischen gelagerten Stühlen umziehen soll?
Das ist ganz schlimm. Dann weiss man: wenn so viele Stühle noch verstaut sind, dann wird das keine gut besuchte Vorstellung.
Nein, Scherz beiseite: Man fühlt sich vielleicht schon etwas abgeschoben zwischen diesen gelagerten Stühlen. Aber schlussendlich kann man sich immer noch umziehen. Stühle sind nichts, was den Auftritt verhindert.
Was passiert nach der Vorführung in einer Künstlergarderobe? Geht bei Ihnen dann so richtig die Party ab?
Das war einmal. Heute ist es eher so, dass man nach der Vorstellung noch eine Nachanalyse macht. Den anderen Mitspielern vielleicht Komplimente macht, aber sich auch gegenseitig auf Fehler hinweist.
Es findet also nichts Spektakuläres in der Künstlergarderobe statt. In der Regel hat man am nächsten Tag auch gleich den nächsten Auftritt, da kann man nicht mehr jeden Abend verkommen.
Das Gespräch führte Roman Hosek.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur aktuell, 22.03.18, 09:00 Uhr