Greil Marcus ist einer der führenden Kulturtheoretiker in den USA. Er prägte mit seinem Buch «Lipstick Traces: A Secret History of the 20. Century» die 1980er- und 1990er-Jahre wie kaum ein Zweiter. Das Buch ist die alternative Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts und für die Geschichte der Popkultur unerlässlich.
Ein Denkmal für die Gegenkultur
Denn seine Quellen sind die inoffiziellen Clubs des Undergrounds, die bei Dada beginnen und beim Punk aufhören. Ursprünglich nahm er sich das Phänomen der Anarchie im Punk vor, bis er merkte, dass diese Form des Widerstandes sich immer wiederholte. Nach den Dadaisten waren es die Lettristen und Situationisten, die mit ihren Verwirrspielen und Aktionen im öffentlichen Raum intervenierten. Und sowohl die Sprachzerstückelung bei den Beatniks wie auch die Sicherheitsnadel bei den Punks, um ihre Fetzen zusammenzuhalten, sind Teil einer Genealogie, die bei Dada begann.
Es ist kein Zufall, so Marcus, dass der Erfinder des Punks ein Kunststudent namens Malcom McLaren war, der genau wusste, was er tat, als er die «Sex Pistols» erfand und sich sowohl auf die visuelle Sprache, wie auch auf die Inhalte der Kunstgeschichte berief, die ihm vom Dadaismus an geboten wurde. So vergleicht er das Gebrüll im Punk mit dem Lautgedicht der Dadaisten als beides Formen des Widerstandes, die einer verlogenen Sprache, etwas entgegenzuhalten versuchen. Greil Marcus hat mit «Lipstick Traces» der Gegenkultur ein Denkmal gesetzt.
Greil Marcus auf Dada-Data
In der Webdokumentation Dada-Data ist das Interview mit Greil Marcus ein zentrales Element, um die Bezüge zwischen Dada damals und Widerstandsformen von heute zu verstehen. Im interaktiven Kunstdepot , wo man zwischen den Readymades, den Collagen und Lautgedichten herumsurft, taucht er immer wieder auf mit klärenden Kommentaren, die den Unterschied zwischen Nihilismus, Widerstand und künstlerischer Freiheit klären sollen.