Die Musik ist wild, die Bilder sind bunt und schnell aneinandergeschnitten. Vor allem im dreiminütigen Film «Looking for Mushrooms»: Bruce Conner setzt sich hier mit der psychedelischen Wirkung halluzinogener Pilze auseinander. Den Soundtrack dazu lieferten die Beatles mit ihrem ebenso psychedelisch anmutenden Song «Tomorrow Never Knows».
«Es gibt Filme, die nach Musik entstanden sind. Da ist das Musikstück der Handlungsstrang, der den Ablauf vorgibt, den Conner dann mit Bildern illustriert oder auch Bilder zur Musik, zu Tönen setzt», erklärt Kurator Roland Wetzel.
In «Looking for Mushrooms» sehen wir Blumen auf einer Wiese, Texturen auf Hauswänden, Gesichter, Menschen, die Karten spielen. Im Rhythmus der Musik wirkt das wie ein berauschendes, visuelles Stakkato.
Was kann das Auge überhaupt erfassen?
Der Videokünstler Bruce Conner lotet die Grenzen der Wahrnehmung radikal aus. Kein Film gleicht dem anderen. Im Film «A Movie», der 1958 entstand, setzt Conner Szenen aus unterschiedlichsten Filmen zusammen.
Er wählte lediglich die Höhepunkte der Filme aus und konstruierte so Handlungen, die keinen Sinn ergeben. «Das sind keine Spiel-, sondern Experimental-Filme, in denen es darum geht, unsere Art der Wahrnehmung zu reflektieren und kritisch zu befragen», sagt Wetzel.
Kein roter Faden
Bruce Conner leitet uns absichtlich in die Irre. Wer bei ihm nach einem roten Erzählfaden sucht, tut dies vergebens. Sein Werk sei äusserst medienreflexiv, erklärt Kurator Wetzel. Das zeige sich darin, wie Conner diese Medienbilder interpretiere. «Da geht es immer auch darum, wie Bilder missbraucht werden, um eine bestimmte Botschaft zu vermitteln.»
Diese kritisch hinterfragende Haltung ist im Film «Crossroads» besonders stark. Das Filmmaterial zeigt Atombomben-Tests der USA beim Bikini-Atoll im Jahr 1946. Conner schnitt 30 Jahre später das Filmmaterial zusammen.
Der Film dauert etwa eine halbe Stunde und zeigt den Atompilz, der aus dem Wasser schiesst, aus immer wieder unterschiedlichen Perspektiven. Dabei nimmt er eine faszinierende Form an, es entstehen immer wieder neue Bilder. Aus heutiger Sicht ist das Ereignis apokalyptisch. Dennoch sitzt man wie gebannt vor der Leinwand.
Schönheit, Einzigartigkeit und Atombomben
Kurator Roland Wetzel ordnet dieses diffuse Gefühl der Ambivalenz ein. «Da ist zum einen dieses furchtbare Ereignis einer Atombombenexplosion, und da sind zum andern diese sublimen Bilder, die daraus entstehen. Bilder von grösster Schönheit.» Einzigartigkeit, Faszination und Entsetzen liegen hier also nahe beieinander. Für die einen ist es diese Ambivalenz, andere sehen in den Aufnahmen erschreckende Bildzeugnisse.
Vor dem Hintergrund, dass heute wieder viele Menschen zu den Reaktor-Ruinen nach Tschernobyl reisen, um dort Selfies aufzunehmen, ist das verstörend. Bruce Conner ist kein verstaubter Video-Freak. Wenn man sich auf seine Filme einlässt, hat er viel zu erzählen – auch in der Gegenwart.