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Christian Eisenberger Er hasst die Kunst und hält sie hoch

Er machte mit Wegwerfkunst von sich reden, schwieg 40 Tage am Stück und onanierte in der Kirche. Wer ist der Künstler Christian Eisenberger?

45'000 Arbeiten soll Christian Eisenberger bisher produziert haben. Der österreichische Künstler ist sowohl in der Wahl seiner Materialien als auch seiner Themen äusserst vielseitig.

Farbe, Klebebänder, Video, sein nackter Körper: Alles findet Verwendung in seinen Werken, die Leben und Tod genauso zum Thema haben wie die Politik.

Der Durchbruch

Bekanntheit erlangt der Österreicher mit Pappkartons, die er im öffentlichen Raum ausstellt und gesellschaftliche Aussenseiter zum Motiv haben.

«Es war etwas völlig Neues, solche Kartons hinzustellen und zu wissen, dass sie in ein paar Tagen fortgeworfen werden», meint Philipp Konzett, Christian Eisenbergers ehemaliger Galerist.

Schweigen für die Kunst

Es folgen weitere Projekte. Einmal verbringt Eisenberger auf Einladung des Bischofs von Innsbruck 40 Tage in dessen Kirche. Es sind 40 Tage, in denen er schweigt und dabei Werk um Werk produziert.

«Ich verbleibe stumm hier in meiner Ecke und sage alles, was zu sagen ist, durch meine Kunst», schreibt Eisenberger während dieser Zeit passenderweise dem Bischof.

Sperma auf Leichentuch

Der Künstler bricht sein Schweigen und gleichzeitig ein grosses Tabu, indem er in der Kirche onaniert. Sein Sperma hebt er auf und reibt sich damit einen Monat später in Köln ein, bedeckt von einem Leichentuch.

«Das symbolisiert quasi die Wiedergeburt», sagt Konzett. Damit entsteht ein weiteres Werk des unaufhörlich arbeitenden Österreichers.

Der Kunst-Zyniker

Eisenbergers Kunst ist aber mehr als nur Spiegel eines rastlosen und zum Teil provokativen Menschen. Sie offenbart auch einen Künstler, der zwar irgendwie Teil des Kunstbetriebs sein will, diesen aber mit seiner bedingungslosen Vielfältigkeit gleichzeitig verwirft.

Dass er nicht viel vom Kunstbetrieb hält, dafür spricht auch Eisenbergers Zynismus. Zum Beispiel, wenn er sagt: «Den Glauben an die Kunst habe ich nie gehabt, es ist ein Irrglaube».

Oder wenn er in Bezug auf seine Galeristen meint: «Wenn einer nicht mehr weiter weiss, wird man einfach weiter verkauft – wie ein Rennpferd».

Kunst als Balanceakt

Eisenberger ist also einer, dem das Vertrauen in die Kunst und in die Menschen zu fehlen scheint. «Kunstbetrieb» ist für ihn ein Modewort, Vernissagen sind eine absurde Zumutung: «Man kennt ja seine eigenen

Werke. Vielleicht wäre es besser, wenn man zeitgleich an die Vernissage eines Kollegen geht und die eigene auslässt».

Trotzdem stellt er unaufhörlich Kunstwerke her. «Vielleicht, weil mir die Kunst eine Art Balance gibt, egal, wie meine Stimmungslage schwankt», spekuliert er.

Reicht's?

Wie lange Christian Eisenberger sich in dem von ihm gleichzeitig verachteten, aber doch auch überlebensnotwendigen Kunstbetrieb wird halten können, ist momentan noch unklar.

Glaubt man aber seiner ehemaligen Professorin Brigitte Kowaks, wird es sich für den 41-jährigen bald zeigen: «Zwischen 20 und 30 ist jeder ein Künstler. Zwischen 40 und 50 muss man sich in der Kunstwelt positioniert haben. Und mit 50 weiss man, ob es geklappt hat».

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