Zum Inhalt springen

Header

Audio
Kunstredaktorin Alice Henkes über Christoph Vitali
Aus Kultur-Aktualität vom 27.12.2019. Bild: Keystone / Steffen Schmidt
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 28 Sekunden.
Inhalt

Christoph Vitali ist gestorben Ein Auge für die Kunst, ein Nerv für das Publikum

Der Kurator Christoph Vitali ist tot. Neben Zürichs Kulturpolitik prägte er grosse Institutionen wie die Kunsthalle Schirn in Frankfurt oder die Fondation Beyeler.

Eine «Legende der Kunstszene» wird er zuweilen genannt: Der Zürcher Christoph Vitali war als Kurator und Kulturverantwortlicher eine prägende Figur. Er ist bereits vor Weihnachten gestorben, wie heute bekannt wurde.

Retter der verlorenen Kunst

Vitali hat Ausstellungen kuratiert, über die in der Kunstszene noch heute gesprochen wird. Dazu gehört die Ausstellung mit Werken von Marc Chagall 1992 in der Kunsthalle Schirn in Frankfurt.

Die Ausstellung zeigte Wandgemälde, die Chagall in den 1920er-Jahren für das Jüdische Theater in Moskau angefertigt hatte. Auf Vitalis Bestreben hin waren sie aus einem Depot vor dem Zerfall gerettet worden.

Mann älteren Alters steht im Foyer der Fondation Beyeler in Basel. Hinter ihm tummeln sich Menschen, die eine Ausstellung besuchen wollen.
Legende: Menschen für Kunst begeistern: Das gelang Christoph Vitali immer wieder. 2004 wurde er Direktor der Fondation Beyeler. Keystone/Georgios Kefalas

Nerv fürs Publikum

Vitali hatte einen ausgeprägten kunsthistorischen Forschergeist. Die Offenheit seines Blickes war gepaart mit grosser, tiefgehender Neugier. Und er hatte einen Nerv für das grosse Publikum. In Frankfurt zeigte er eine Kandinsky-Retrospektive, die 200'000 Besucherinnen und Besucher anzog.

Für eine einzelne Ausstellung ist das eine beeindruckende Zahl: Die Fondation Beyeler, deren Direktor Vitali von 2004 bis 2008 war, lockt heute rund eine halbe Million Besucher im Jahr an (wobei grosse Ausstellungen wie die Gauguin- oder Picasso-Ausstellung diese Zahl nochmals deutlich ansteigen lässt).

Der Jurist in der Kulturpolitik

Vitali schaffte es, bei anderen Interesse für Kunst zu wecken. Das lag einerseits an seiner kunstsinnigen und kulturengagierten Herkunft. Vitalis Vater war Bildhauer, die Mutter Lehrerin. Er selber studierte Jura, besuchte aber auch Vorlesungen in spanischer Sprache, in Literatur und Kunstgeschichte.

Schwarz-Weiss-Bild von Christoph Vitali: Porträt von Vorne.
Legende: Christoph Vitali prägte die Kulturpolitik der Stadt wesentlich. Der studierte Jurist trat 1969 in die Dienste der Stadt Zürich. Keystone/STR

Zu Vitalis Weitblick trug auch sein ungewöhnlicher Einstieg in die Kulturwelt bei. Er begann als Angestellter des Kulturreferats der Stadt Zürich. Bald darauf wurde er dessen Leiter.

In dieser Funktion förderte er zahlreiche für Zürich wichtige Projekte. Dazu gehört die Entstehung der Roten Fabrik oder auch das Theaterhaus Gessnerallee.

Der Vielseitige

Christoph Vitali liess sein Kulturverständnis nicht von Konventionen einschränken. Ganz locker überwand er Sparten und Begrenzungen.

Als Leiter des Kulturreferats Zürich hat er wichtige Theaterinszenierungen und Regisseure wie Peter Stein, Ariane Mnouchkine und Peter Brook nach Zürich geholt. In den frühen 1980er-Jahren war er auch Verwaltungsdirektor der Städtischen Bühnen Frankfurt.

Kunst oder Theater waren für Vitali nicht isoliert. Er sah die Kultur ganz ungezwungen als Ganzes.

Video
Aus dem Archiv: Christoph Vitali über Kunst und ihre Finanzierung
Aus Das Sonntagsinterview vom 06.12.1992.
abspielen. Laufzeit 26 Minuten 10 Sekunden.

Sendung: Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 27.12.19, 06:35 Uhr.

Meistgelesene Artikel