Da wäre etwa der riesige Lippenstift auf einem Panzerfahrzeug auf dem Campus der Yale-Universität. Mit dieser provokanten Skulptur setzte der Pop-Art-Künstler Claes Oldenburg 1969 ein Zeichen gegen den Vietnamkrieg.
Das Werk war der Startschuss für Oldenburgs monumentale Skulpturen im städtischen Raum, die Alltagsgegenstände auf Übergrösse hochskalieren. Spätere Werke zeigten etwa einen gigantischen Federball, eine Säge oder einen Wasserschlauch, der sich durch einen Park windet.
Gegenständen Leben einhauchen
Oldenburg sei es stets darum gegangen, die Kluft zwischen den Menschen und der industriellen Objektwelt zu schliessen, sagt Achim Hochdörfer, Direktor des Museums Brandhorst in München.
«Wie ist unsere Beziehung zu den Gegenständen? Sind das einfach leblose Dinge? Diese Kontaktaufnahme mit den Objekten ist ein wichtiger Aspekt von Oldenburg.» Er habe ihnen eine Lebendigkeit und eine Gefühlsdimension geben wollen.
«Unglaublich humorvoll»
Hochdörfer kannte Oldendorf persönlich. Vor zehn Jahren holte er ihn für eine grosse Retrospektive ins Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien.
Der Museumsdirektor erinnert sich gerne an die Zusammenarbeit mit Oldenburg: «Ich habe ihn als unglaublich humorvoll erlebt. Als jemanden, der warm und sehr belesen ist.» Am Anfang habe Oldenburg sich nämlich nicht entscheiden können, ob er Künstler oder Schriftsteller werden wollte. Seine Schriften seien so schön wie geistreich zu lesen, so Hochdörfer.
Kunstbegabter Diplomatensohn
Oldenburg, der 1929 in Stockholm auf die Welt kam, war der Sohn eines schwedischen Diplomaten und gelangte auf diesem Weg nach Amerika. Dort studierte er Kunst an der Yale Universität.
1956 kam er nach New York. In der Metropole suchte er den Kontakt mit der Avantgarde und entwickelte neben der Pop-Art auch die Happening- und Performance-Kunst mit.
1961 eröffnete er etwa den legendären «The Store», ein Geschäftslokal, in dem er Alltagsdinge herstellte und sie wie in einem Geschäft verkaufte. Er war also Künstler und Galerist in einem.
Im Kopf der Disney-Maus
Pionierhaft waren auch seine «Soft-Sculptures». Dabei handelte es sich um Alltagsgegenstände aus weichem Stoff, etwa einen Mixer, eine Schreibmaschine oder ein Sandwich.
Aufsehen erregte sein «Mouse Museum», ein grosser, betretbarer Raum in Form eines Mickey-Mouse-Kopfes mit hunderten von Gegenständen darin.
Ein dynamisches Duo
Ab den 1970er-Jahren konzentrierte sich Oldenburg immer mehr auf seine Skulpturen. Diese entwickelte er allerdings nicht allein. Vielmehr arbeitete er mit seiner zweiten Ehefrau zusammen, der niederländischen Kuratorin Coosje van Bruggen.
Oldenburg habe vielleicht mehr den künstlerischen, van Bruggen stärker den strategischen Part übernommen, so Hochdörfer. «Aber das Gespräch zwischen den beiden war so eindeutig, dass man das vielleicht gar nicht voneinander trennen kann.»
Der Löffel auf der Kirsche
Welche Bedeutung Oldenburgs Skulpturen im öffentlichen Raum bis heute haben, verdeutlicht das Beispiel der US-amerikanischen Stadt Minneapolis. Dort steht in einem Skulpturenpark eines seiner Werke, das einen Löffel mit einer Kirsche zeigt. Die Skulptur ist in Minneapolis zu einem der beliebtesten Postkartensujets überhaupt avanciert.
Sie ist ein schönes Sinnbild für den verspielten und humorvollen Umgang Oldenburgs mit seiner Umwelt. Nun ist der Pop-Art-Pionier im Alter von 93 Jahren in New York gestorben.