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Kunst Danioth, der Teufelsmaler: «Er war für viele zu visionär»

Der rote Teufel in der Schöllenenschlucht dürfte fast allen Schweizern bekannt sein. Aber kaum, wer ihn gemalt hat: Der Urner Künstler Heinrich Danioth ist weithin in Vergessenheit geraten. Zu Unrecht, sagt die Kunsthistorikerin Barbara Zürcher.

Kaum jemand kennt den Namen Heinrich Danioth heute. Weshalb sollte man ihn kennenlernen?

Barbara Zürcher

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Die Kunsthistorikerin und Dokfilmerin leitet seit 2007 das Haus für Kunst Uri in Altdorf sowie seit 2009 den angrenzenden Danioth Pavillon. Von 2003 bis 2007 war sie Direktorin des Festival Bieler Fototage. Gegenwärtig bereitet Zürcher die Gruppenausstellung «Dall'altra parte» ­ vor, in auch Arbeiten von Heinrich Danioth zu sehen sein werden.

Barbara Zürcher: Danioths Darstellungen im öffentlichen Raum – etwa seine Wandbilder – waren prägend für die Schweiz. Vor allem für den Kanton Uri war und ist Danioth eminent wichtig. Schlicht, weil er ein herausragender und sehr vielseitiger Künstler war. Dass er lange Zeit in Vergessenheit geriet, obwohl er eigentlich in eine Riege mit bekannten Namen wie Cuno Amiet, Giovanni Giacometti, Ferdinand Hodler oder Ernst Ludwig Kirchner einzureihen ist, das hat kunstmarkttechnische Gründe.

Welche?

Während Danioths Schaffensphase – er ist 1896 geboren und 1953 gestorben – geschah in der Kunstwelt so viel, dass es unumgänglich war, einen Galeristen zu haben, der den Künstlern auch damals zu Bekanntheit verhalf. Danioth hatte im Gegensatz zu den Anderen aber niemanden, der ihn in die Schweiz, geschweige denn in die Welt hinaustrug und ihn vermarktete. Seine Werke wurden hauptsächlich von Urnerinnen und Urnern gekauft. Er lebte von einzelnen Sammlern und davon, dass er Handwerker teils aus Geldnot mit seinen Werken bezahlen konnte. Seine Frau und die drei Kinder nagten eigentlich konstant am Hungertuch.

Wie ist Danioths Stellung im Kunstmarkt heute?

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Da er nie den Bekanntheitsgrad seiner berühmteren Weggefährten hatte, ist seine Bedeutung auf dem heutigen Kunstmarkt auch nicht mit einem Amiet oder einem Hodler zu vergleichen. Ich wage zu behaupten, dass diese Stellung auch nachträglich nicht wettgemacht werden kann, trotz medialer und kuratorischer Bemühungen. Aber das ist wie gesagt ein Problem des Kunstmarktes und definitiv nicht abhängig von der Qualität seiner Kunst.

War Heinrich Danioth also vor allem ein Heimatmaler?

Das würde ihm nicht gerecht werden, und dagegen hat er sich auch gewehrt. Heinrich Danioth war es wichtig, nicht nur darzustellen, sondern zum Wesen einer Sache vorzudringen. So hat er quasi Psychogramme der Urner und der urnerischen Landschaft entwickelt, welche aber über das kantonale hinausgehen und eine globale Handschrift tragen. Ihn haben das Urmenschliche und die Gewalt, die Erhabenheit der Natur und die Abgründe interessiert – die Schroffheit und Kargheit dieser Landschaft ist dazu als Studienobjekt prädestiniert.

Wie ist Danioths Kunst zu seiner Zeit einzuordnen, wie hat man auf ihn reagiert?

Heinrich Danioth war ein sehr mutiger und facettenreicher Künstler, und nicht alle haben seine Kunst verstanden. Er betätigte sich ja malerisch aber auch polit-satirisch, graphisch und literarisch und hat sogar Hörspiele verfasst. Aber man fand es auch seltsam, ein Porträt mit grünlicher oder bläulicher Gesichtsfarbe zu betrachten, anstelle der gewohnten naturalistisch dargestellten. Für viele war er zu visionär und durch sein breites Engagement bot er Angriffsfläche – er polarisierte. Ähnlich war es beim Teufel in der Schöllenenschlucht: Viele Leute reagierten sehr kritisch. Diese Abstraktion und Reduktion waren damals für viele zu modern.

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Wo würden Sie als Kunstexpertin denn seine Kunst einordnen?

Danioth hat eine expressionistische Sprache und ist der klassischen Moderne zuzuordnen. Wobei man sich klar sein muss, dass es bei ihm kubistische, expressionistische und dann auch abstrakte Phasen gab.

Können Sie uns den ungefähren Marktwert eines Danioth Werkes verraten?

Das ist sehr unterschiedlich und die Preise haben sich etwa seit den 1960er-Jahren auch sehr entwickelt. Ich würde sagen, der Wert gewisser Werke beträgt heute bis zu 45‘000 Franken. Je nach Popularität kann sich dieser Wert aber noch verändern. Ich erhoffe mir durch die momentane mediale Aufarbeitung durchaus ein Revival seiner Berühmtheit. Dass aber Heinrich Danioth ein verkappter Ferdinand Hodler ist und je dessen Marktwert erlangen wird, das bezweifle ich.

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