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Das Jahr 2020 in Cartoons Was machen Zeichnerinnen und Zeichner bloss, wenn Trump weg ist?

Corona, Trump und die Klimajugend: Eine Ausstellung in Bern zeigt, was Zeichnerinnen und Cartoonisten 2020 bewegt hat.

Jesus sitzt alleine am Abendmahl-Tisch und spricht via Skype zu seinen Jüngern. Dieses Bild von Felix Schaad, dem Zeichner des Tages-Anzeigers, habe das Jahr 2020 sehr schön auf den Punkt gebracht, meint Silvan Wegmann. Unter dem Künstlernamen Swen zeichnet er unter anderem für die Aargauer Zeitung, nun hat er die Ausstellung «gezeichnet» im Berner Museum für Kommunikation mitgestaltet.

Zeichnung: Jesus sitzt alleine an einem langen Tisch, schaut auf einen Laptop und sagt: "Sieht und hört mich jeder?"
Legende: Jesus im Homeoffice: Karikatur von Felix Schaad im Tages-Anzeiger. Felix Schaad

«Bei den Feierlichkeiten, bei Ostern und Weihnachten hat man gemerkt, dass die Leute zum Teil wirklich allein sind.» Als Cartoonist sei er sich das Homeoffice ja gewohnt, sagt Wegmann: «Aber jetzt mussten ganz viele Menschen gezwungenermassen Homeoffice machen. Viele kamen damit auch nicht klar.»

Dieses Alleinsein zeigt auch Ruedi Widmer in seiner Zeichnung, die er – frei nach Max Frisch – «Der Mensch erscheint im Quarantän» genannt hat.

Zeichung: Menschen in einem Hochhaus, darunter die Unterschrift: "Der Mesnch erscheint im Quarantän"
Legende: Das Corona-Zeitalter beschäftigte Karikaturistinnen und Karaikaturisten wie Ruedi Widmer dieses Jahr besonders. Ruedi Widmer

«Das ist ein klassischer Ruedi-Widmer-Cartoon», sagt Wegmann. «Er ist jener unter uns, der immer noch einen Schritt verrückter zeichnet.»

Yogi Koch und Kochferatu

Viele Bilder zeigen «Mister Corona» Daniel Koch. Mal als düsteren Nosferatu, mal als tief entspannten Yogi, der über dem Boden schwebt und sein Mantra murmelt: «Bleiben Sie zu Hause. Halten Sie Abstand.»

Zeichnung: Koch schwebend im Lotussitz, daneben steht: "Bleiben Sie zuhaaause. Halten Sie 2 M. Abstand."
Legende: Daniel Koch war das Gesicht des Corona-Jahres. Für Zeichner wie Michel Streun ist das ein Glücksfall. Michael Streun

Für Zeichnerinnen sei jemand wie Daniel Koch eine dankbare Figur, sagt Wegmann: «Mit seiner Glatze und mit seiner Art konnten wir ihn sehr gut für Cartoons verwenden.»

Da ist Walter

Einer von Silvan Wegmanns Favoriten stammt von Stephan Lütolf alias Cic: «Im Kinderbuch ‹Wo ist Walter?› müssen die Kinder in riesigen Wimmelbildern Walter suchen. Stephan Lütolf hat genau das gemacht: Ein leeres Bild, man sieht nur Walter. Diese Pointe so zu drehen hat mir sehr gut gefallen.»

Zeichnung: An einem leeren Strand steht eine Figur mit roter Mütze und gestreiftem Pulli. Darüber steht: "Wo ist Walter? Social Distancing Edition"
Legende: Das Corona-Jahr aus der Sicht des Zeichners Stephan Lütolf alias Cic. Stephan Lütolf

Die Ausstellung «gezeichnet» zeigt etliches zum Lachen, Schmunzeln und Nachdenken. Politik und Behörden werden aber kaum mit spitzer Feder kritisiert.

Es sei eben eine Gratwanderung, sagt Wegmann, einem ernsten Thema etwas zum Lachen zu entlocken, ohne sich über das Leid vieler Menschen zu mokieren. «Die schwerkranken Menschen und die Corona-Toten hat man weggelassen. Stattdessen wurde die Gesamtsituation drumherum angeschaut: Wie geht es der Wirtschaft, dem Kulturbetrieb, der Gastronomie?»

Ausstellungshinweis:

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Die Ausstellung «Gezeichnet 2020» kann auf der Website des Museum für Kommunikation virtuell besucht werden. Der digitale Besuch ist kostenlos, Spenden sind aber willkommen.

Trump und die Klimajugend

Neben Corona hatten es andere Themen schwer. Die Westschweizerin Bénédicte Sambo zeigt eine Gegenüberstellung von früher und heute: Dort ein Punk, der «No Future» an die Wand sprüht, hier ein klimabewegter Sprayer, der «oui au futur» schreibt.

Sambo habe diese Generation sehr schön erfasst, sagt Wegmann: «Sie zeigt nicht das Negative, sondern, dass wir uns jetzt bewegen müssen. Dass wir jetzt was machen müssen.»

Silvan Wegmann selber ist in der Ausstellung mit einer Zeichnung vertreten, auf der die Freiheitsstatue Donald Trump beim Kittel packt und wegspediert. Trump war ein dankbares Sujet für die Karikaturisten.

Nun müssen sie sich auf Joe Biden einstellen: «Ich mag Joe Biden zum Zeichnen. Er hat eine ganz spezielle Art zu lachen. Ein riesiges, weisses Strahlen und er zieht immer noch den rechten Mundwinkel nach oben. Er hat viel für einen Cartoonisten.»

Erst habe er sich schon Sorgen gemacht, was er denn künftig ohne Trump machen soll. Aber für Cartoonistinnen und Zeichner ist klar: Die Arbeit wird ihnen auch im neuen Jahr nicht ausgehen.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 31.12.2020, 17:10 Uhr.

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