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Kunst Die Photobastei schliesst Ende August – mit Defizit?

Die Photobastei in Zürich ist ein Treffpunkt für Kreative und Kulturmenschen. Wöchentlich finden zwischen 20 bis 30 Vernissagen statt. Rund 75'000 Besucher kamen bisher in die Ausstellungen. Doch obwohl die Besucher zahlreich in die Ausstellungen kamen, klafft jetzt ein dickes Loch in der Kasse.

Als Romano Zerbini letzten Herbst angefragt wird, wie man das leer stehende UBS-Bürohaus an der Bärengasse vorübergehend nutzen könnte, hat er eine Idee. Er weiss: In Zürich fehlt es an Raum für Berufsfotografen, für Industrie-, Werbe- und Modefotografen, die sich nebenbei als Künstler betätigen. Und die so gut wie nie Gelegenheit haben, ihre Werke zu zeigen. Zerbini selber hat eine Kommunikationsagentur, doch seine wahre Leidenschaft gilt der Fotografie. Er erfand den EWZ-Fotopreis und führte jahrelang die kleine Off-Galerie Photogarage. Er schlägt daher vor, das alte Bürohaus zu bespielen: mit Foto-Ausstellungen und mit Events.

25 Vernissagen – und dies jeden Donnerstag

Dann geht alles sehr schnell, vielleicht ein wenig zu schnell. Romano Zerbini mietet das Gebäude, ein hässlicher, aber geräumiger Flachdachbau. Mitte Januar 2014 folgt die Eröffnung der Photobastei. Das Konzept dahinter ist einfach: Im Erdgeschoss gibt es eine Bar, auf fünf Etagen wird Ausstellungsfläche an Galerien und Fotografen vermietet. Fünf Franken kostet der Laufmeter pro Tag. Die Mindestausstellungszeit beträgt zwei Wochen. Auf zwei Etagen kuratiert Romano Zerbini mit seinem Team selber regelmässig mehrere Ausstellungen. Jeden Montag wird abgebaut, und jeden Donnerstag gibt es rund 25 Vernissagen.

Renommierte Fotografen geben sich ein Stelldichein

Video
Star-Fotograf Henry Leutwyler in der Photobastei
Aus Tagesschau vom 14.03.2014.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 45 Sekunden.

Die Fotografen kommen und stellen aus. Den Anfang macht der Kriegsfotograf Paolo Pellegrin. Auch Tobias Madörin ist Gast in der Photobastei. Er bespielt mit seinem Werk «Topos» gleich eine ganze Etage.

Weiter folgen Henry Leutwyler und René Groebli. Auch jungen Talenten, wie der in New York lebenden Schweizer Modefotografin Diana Scheunemann, bietet Romano Zerbini Platz in der Photobastei. Für die Ausstellungen verlangt er einen moderaten Eintritt von 15 Franken.

Das Ganze ist ein so aufregender Mix, dass sich jeden Donnerstag ganz Zürich zu einem Stelldichein an der Bärengasse trifft. Aus dem faden, nüchternen Bürogebäude wird, zusammen mit den Ausstellungen, Konzerten in der Bar und der entspannten Stimmung, ein belebtes, kulturelles Highlight. Keine Frage: Die Photobastei ist ein Erfolg und es scheint, als hätte Zürich nur auf einen Ort wie diesen gewartet.

Publikum konsumiert vor allem Gratis-Angebote

Der Schein aber trügt: Es fehlt an Geld. In die Gratis-Galerieausstellungen kommen die Besucher in Strömen, doch in den beiden, von Zerbini kuratierten, kostenpflichtigen Ausstellungen zeigen sich nur rund 10 Prozent der total 75'000 Besucher. Das Publikum konsumiert lieber Gratis-Kultur, als für die Ausstellungen zu bezahlen.

Irgendwann realisiert Zerbini, dass es ein Loch in der Kasse geben wird: Infrastrukturkosten in der Höhe von rund 150'000 Franken hatten sich angesammelt. Infolge lässt Zerbini nichts unversucht, um das Geld zusammen zu bekommen. Er hat zu Spenden aufgerufen und die Kulturmenschen haben gespendet.

Am 31. August ist fertig – hoffentlich ohne Defizit

Am 31. August ist dennoch definitiv Schluss mit der Photobastei. 75'000 Franken sind aktuell noch ausstehend. Zerbini wird am Ende jedes einzelne Möbel verkaufen. Und für die letzten zehn Tage plant er eine Fotoauktion mit gestifteten Fotografien der ausstellenden Künstler.

Zerbini wusste immer, dass der Ort nur als vorübergehende Zwischenlösung gedacht war. Er geht mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Wird er es schaffen, die restlichen 75‘000 Franken zusammen zu kratzen, wird er mit der Gewissheit gehen, dass seine Idee, Ausstellungsraum für Fotografie zu schaffen, funktioniert hat. Wenn nicht, bleibt das Fazit, sich finanziell verkalkuliert zu haben. Man wünscht es ihm nicht.

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