Die Beziehungen zwischen den USA und Mexiko sind schon seit Längerem angespannt. Auch wenn beide Nationen durch die vielen Millionen Mexikanerinnen und Mexikaner, die in den USA leben, ganz eng verbunden sind. In San Francisco hat nun eine grosse Ausstellung über Diego Rivera eröffnet, die genau auf diese Gemeinsamkeiten eingehen will - historisch und kulturell.
Mexiko sei schon immer sehr präsent in den USA gewesen, sagt die mexikanische Generalkonsulin Remedios Gómez Arnau: «Die mexikanische Kultur ist ein wichtiger Teil der Geschichte der Vereinigten Staaten. Eben auch, weil so viele Mexikaner hier leben.»
Remedios Gómez Arnau ist mehr als stolz darauf, dass am Golden Gate eine 150 Kunstwerke umfassende Ausstellung über Diego Rivera gezeigt wird. Die grösste Retrospektive seit mehr als 20 Jahren.
Das andere Amerika
«Diego Rivera‘s America» heisst die Bilderschau. Ein politischer Titel, den das Museum gewählt habe, meint James Oles, Gastkurator dieser Ausstellung. Denn der Name «America» werde hier nicht so verwendet, wie es die meisten Menschen in den USA tun würden. «Den Titel sieht man auf Plakaten, auf Bussen. Wenn man dann in die Ausstellung kommt, sieht man zuerst Mexiko», sagt er.
Bilder aus «Diego Rivera‘s America»
Diego Rivera bezog bei «America» auch sein Mexiko mit ein. Riveras USA, erzählt Oles, bestand aus dem traditionellen Mexiko und den industriellen Vereinigten Staaten. Zwei gleichermassen wichtige Lebensformen, die diesen Ort und diesen Kontinent beschrieben.
Das zeigt sich in all diesen Bildern, Skizzen und Portraits, die zwischen 1920 und Mitte der 1940er-Jahre entstanden sind. Da sind Marktszenen aus Mexiko: einfache Arbeiter im Feld und bunte, traditionelle Kostüme. Dann gibt es auch Bilder von Wandmalereien der amerikanischen Arbeiterklasse, die Diego Rivera zum Beispiel in San Francisco angefertigt hat.
Die Arbeiterklasse im Zentrum
Diego Rivera war ein Kommunist, der seine politische Überzeugung nie verheimlichte. In den späten 1920er-Jahren reiste er in die Sowjetunion und lieferte das Titelbild für das Wirtschaftsmagazine «Fortune».
Für Gast-Kurator James Oles ist Riveras Darstellung des täglichen Lebens auch eine politische Botschaft: «Für ihn war es wichtig, diese Menschen zum Zentrum seines Narratives zu machen. Wie etwa eine Frau, die Tortilla-Fladen formt – eine ganz einfache Arbeit in Mexiko. Ich glaube, er dachte, dass er damit die Menschen überzeugen könnte, die Welt anders zu sehen und der Arbeiterklasse mehr Respekt zu zollen.»
Kunst als Katalysator
James Oles ist davon überzeugt, dass Diego Riveras Kunst mehr als aktuell ist. Gerade in Zeiten der Krisen und angesichts des Ukraine-Krieges. Die Bilder in dieser Ausstellung sind in einer Zeit kurz nach der Revolution in Mexiko, während der Depression in den USA und dem Siegeszug des Faschismus in Deutschland und Japan entstanden.
Kunst könne manchmal wie ein Katalysator wirken und zu mehr Gleichheit, mehr Fairness, mehr Gerechtigkeit führen. «Das alles waren Anliegen von Rivera – und das sein ganzes Leben lang», ist sich Oles sicher.