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Ein Schweizer Vorbild Ferdinand Hodler: Sohn des Zeitgeists oder künstlerisches Genie?

Ferdinand Hodler zählt zu den ganz grossen Namen in der Schweizer Kunst: Er prägte seine Zeitgenossen und ist zugleich Vorbild für heutige Kunstschaffende.

War Hodler ein Influencer? Oder einer, der es perfekt verstand, auf den Wellen des Zeitgeistes zu surfen? Wahrscheinlich beides. Das zeigt die Ausstellung «Hodler. Ein Vorbild für die Schweizer Kunst» im Musée d'Art et d'Histoire in Neuenburg. Sie präsentiert Ferdinand Hodler, den wohl bekanntesten Künstler der frühen Moderne, im Kreis seiner Freundinnen, Schüler, Nachahmerinnen – aber auch seiner Kritiker und Gegnerinnen.

Mann und Axt sind eins

Fangen wir mit den Freunden und Geistesverwandten an – denn das macht die Ausstellung auch. Sie beginnt mit einem berühmten Hodler-Bild, dem Holzfäller. Das Bild zeigt einen Mann, der seinem Handwerk mit Hingabe nachgeht. Der Mann und seine Axt sind eins.

Mann schwingt Axt im Schnee, Baumstämme im Hintergrund.
Legende: Kraft, Einfachheit, kompositorische Innovation: Ferdinand Hodlers Holzfäller von 1910 vereint die markanten Merkmale der Hodlerschen Kunst. MahN/Collection d’art de La Mobilière

Die künstlerische Gestaltung mit engem Bildausschnitt, starker Diagonale und symbolischer Überhöhung des Motivs sind typisch Hodler. Das Sujet des arbeitenden Menschen entspricht dem Zeitgeschmack, dem erstarkenden Nationalgefühl.

Man wollte Menschen sehen, die etwas aufbauen, die ihre Heimat pflegen und gestalten. In der Ausstellung hängen im gleichen Saal wie Hodlers Holzfäller ein Käser von Casimir Reymond, ein Bauarbeiter von Charles L'Eplattenier und eine Gruppe von Schnittern auf einem grossformatigen Gemälde von Gustave Jeanneret.

Holzfäller überall

Holder hat mit seinem Holzfäller ein Thema aufgegriffen, das in der Luft lag. Und er hat die Popularität dieses Themas vorangetrieben – beinahe unwillentlich. Geschaffen hatte Hodler das Motiv 1910 im Rahmen eines Wettbewerbs der Schweizer Nationalbank. Für die Verwendung auf den Banknoten wurde das Motiv jedoch deutlich verändert. Das missfiel Hodler und er malte neue Holzfäller – für jede Ausstellung, die er machte.

Mann mit Sense auf Feld.
Legende: Wie schon beim Holzfäller von 1910 setzt Ferdinand Hodler auch bei seinem Werk «Der Schnitter» von 1912 auf das Motiv des anpackenden Mannes. SIK-ISEA

Hodler war damals bereits ein berühmter Maler und seine Holzfäller wurden breit diskutiert. Das trug auch dazu bei, dass das Motiv des arbeitenden Menschen immer bekannter und beliebter wurde.

Entdeckungen im Depot

Die Ausstellung demonstriert, wie Hodler die Kunst seiner Zeit prägte und dabei auch immer wieder vom Zeitgeist geprägt wurde. An einzelnen Motiven ist zu sehen, wie Hodler und seine Zeitgenossen immer wieder ähnliche Themen bearbeitet haben: den Genfersee, die wilden Blumenwiesen, die symbolistischen Figuren, die geordneten Baumreihen.

Kurator Philippe Clerc und sein Team haben für die Ausstellung sehr viel recherchiert. Sie wollten wissen: Wer waren Hodlers Schüler? Mit wem hatte er Kontakt? Welche Nachahmer gab es? Dabei stiessen die Kunsthistorikerinnen und -historiker auf viele Namen, die heute kaum noch bekannt sind und zahlreiche Werke, die seit Jahrzehnten nicht mehr gezeigt wurden.

Raum für Kritik

Dabei zeigt die Ausstellung nicht nur Werke von Hodler-Freunden und Gleichgesinnten. Es gab auch Kunstschaffende, die sich Hodlers Ästhetik bewusst entgegenstellten – und die kantige Grossstadtbilder anstelle überhöhter Naturdarstellungen malten. Sie erhalten in der Ausstellung einen eigenen Raum.

Kunstgalerie mit Gemälden an weissen Wänden.
Legende: Vorbild für die Schweizer Kunst von heute: Der Lausanner Künstler David Weishaar findet in Hodlers Werken Inspiration – und schuf diese immersive Figurenszene im Nachtgarten. MahN/Maciej Czepiel

Zudem wurden drei zeitgenössische Kunstschaffende eingeladen, sich mit Hodler auseinanderzusetzen, darunter David Weishaar. Der Künstler aus Lausanne hat eine geheimnisvolle Figurengruppe in einem stilisierten nächtlichen Garten gemalt. Das Bild antwortet auf Hodler symbolistische Bilder und wirkt gleichzeitig sehr heutig. Die Beschäftigung mit Hodler ist also noch immer anregend.

Ausstellungshinweis

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Die Ausstellung «Hodler. Ein Vorbild für die Schweizer Kunst» ist noch bis 12. Oktober 2025 im Musée d’art et d’histoire de Neuchâtel zu sehen.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktualität, 13.8.2025, 08:06 Uhr

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