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Schäden an Kulturstätten in Syrien und der Türkei
Aus Kultur-Aktualität vom 14.02.2023.
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Erdbeben Türkei-Syrien UNESCO-Welterbestätten in der Türkei und Syrien sind akut bedroht

Die Opferzahlen nach dem Erdbeben in der Türkei und Syrien steigen weiter. Auch Kulturstätten wurden teils schwer beschädigt. Noch fehlt der Überblick. Der Archäologe Prof. Dr. Mirko Novàk, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für orientalische Altertumskunde, wagt eine erste Einschätzung.

Mirko Novák

Mirko Novák

Professor für Vorderasiatsche Archäologie

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Mirko Novák wurde 1965 in Bratislava geboren und ist seit 2011 Professor für Vorderasiatsche Archäologie an der Universität Bern. Ausserdem ist er Präsident der Schweizerischen Gesellschaf für Orientalische Altertumswissenschafen.

Bildquelle: Corina Steiner, IAW, Universität Bern

SRF: Was wissen Sie über Schäden an den Kulturstätten in der betroffenen Region?

Mirko Novàk: Bislang gibt es nur sporadische Informationen. Der Fokus liegt natürlich erst einmal darauf, die betroffenen Menschen zu retten. Trotzdem sind schon erste Schäden gemeldet worden. Zum Beispiel an den Zitadellen von Aleppo und am Simeonskloster von Qal’at Sim’an, letzteres liegt zwischen Aleppo und Antakya. Beide Stätten gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe. Antakya hiess in der Antike Antiochia und war eine sehr wichtige Stadt.

Vor einem steinernen ehemaligen Kloster byzantinischen Stils stehen ein Dutzend Menschen.
Legende: Das Simeonskloster von Qalʿat Simʿan im heutigen Nordsyrien. Die Pilgerstätte soll bei dem schweren Erdbeben Anfang Februar 2023 beschädigt worden sein. IMAGO Images/Imagebroker

Gibt es, was die Schäden angeht, Unterschiede zwischen den verschiedenen Erdbebengebieten?

Die Informationen aus Syrien kommen langsamer – vor allem aus den Rebellengebieten. Bislang gibt es von dort keine verifizierten Informationen. Aus Aleppo dagegen weiss man einiges, weil es komplett unter der Kontrolle des Regimes steht.

Klar ist zum Beispiel: Weil viele der Bauwerke dort bereits durch den Krieg beschädigt waren, hat das Erdbeben sie stärker getroffen. Das gilt zum Beispiel für den überdachten Basar. Dieser wurde im Bürgerkrieg beschädigt und sollte gerade erst wiederaufgebaut werden.

Das heisst, die Kulturstätten in Syrien sind besonders schwer vom Erdbeben betroffen?

Das befürchte ich. Weil die Kulturstätten in Syrien grundsätzlich viel fragiler sind und sich in einem schlechteren Zustand befinden als diejenigen in der Türkei.

Ein dunkles Gewölbe mit kleinen Läden links und rechts. Viele Menschen durchschreiten das Gassengewirr.
Legende: Der Basar von Aleppo wurde 2012 im Bürgerkrieg zerstört. Das Gewirr aus überdachten Einkaufsstrassen gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Das Erdbeben macht nun vorerst die Pläne zunichte, den Basar wieder aufzubauen. IMAGO Images/UIG

Wie sieht es in der Türkei aus?

Dort sind die Schäden nicht ganz so gravierend. Die Regierung hat in den vergangenen Jahren viel unternommen, um Kulturstätten zu stabilisieren und zu restaurieren.

Die Region gilt als kulturhistorisch sehr bedeutend. Was zeichnet sie aus?

In Mesopotamien sind wesentliche Bestandteile der menschlichen Zivilisation entwickelt worden. Die Menschen sind dort erstmals sesshaft geworden. Dort haben sich die ersten Städte gebildet und die Schrift und andere wichtige Kulturzeugnisse sind dort entwickelt worden.

Es liegt in unser aller Interesse, diese Kulturstätten wiederaufzubauen.
Autor: Prof. Dr. Mirko Novak, Archäologe

All das ist nicht nur für diese Region relevant, sondern für die Menschheit insgesamt. Deswegen liegt es in unser aller Interesse, diese Kulturstätten zu schützen oder jetzt wiederaufzubauen.

Wie zuversichtlich sind Sie, dass dieser Wiederaufbau gelingt?

Prinzipiell ist das schon möglich. Das hängt aber natürlich immer von äusseren Faktoren ab. In der Türkei ist die Situation klar: Das Land ist stabil, es hat eigene Ressourcen, um Kulturgüter zu schützen. Auch internationale Hilfe ist dort problemlos möglich.

In Syrien dagegen ist es viel komplizierter: Zum einen gibt es ein Embargo gegen das Regime. Zum anderen ist es kaum möglich, in die Rebellengebiete zu gelangen. Für die internationale Gemeinschaft ist es deshalb extrem schwierig, dort Hilfe zu leisten.

Das Gespräch führte Katharina Brierley.

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