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Ergebnisse einer neuen Studie «Die Situation ist für viele Kulturschaffende dramatisch»

Corona hat die Kunstwelt stark getroffen. Wegen fehlender Aufträge leben heute viele Kunstschaffende am Existenzminimum.

Eine neue Studie des Schweizer Forschungsbüros Ecoplan stellt fest: Die Künstlerinnen und Künstler aller Sparten haben im Coronajahr drastische Einkommenseinbussen erlitten: 61 Prozent der Kunstschaffenden verdienten weniger als 40'000 Franken im Jahr. Auch die Einnahmen der Kulturunternehmen sind wegen der Pandemie eingebrochen.

Dieses Jahr entschärft sich die Lage leicht. Doch vom Vor-Corona-Zustand ist die Kulturwirtschaft weit entfernt. Deshalb wendet sich die «Taskforce Culture», ein Zusammenschluss der Kultur- und Kunstverbände der Schweiz, ans Parlament: Es soll die Covid-Unterstützungsmassnahmen für Kultur bis Ende 2022 verlängern, wie es der Bundesrat vorschlägt.  

Die prekäre Lage hat sich verstärkt

Stefano Kunz, Geschäftsleitungsmitglied des «Schweizer Musikrats» und Mitte-Stadtrat in Schlieren sagt: «Die Musikerinnen und Musiker sowie die Musikunternehmen sind in ihrer wirtschaftlichen Situation nach wie vor sehr stark von der Pandemie betroffen.»

Das Musikgeschäft lässt sich nicht sofort wieder hochfahren. Tourneen, Technik- und Raumbuchungen, Proben, Personal und Ticketing benötigen Vorlauf.

Auch die bildenden Künste hat die Pandemie arg getroffen, sagt Regine Helbling, Geschäftsführerin von Visarte, dem Berufsverband visuelle Kunst. Die Malerinnen und Bildhauer, Zeichner und Fotografinnen verdienten zum grossen Teil auch vor Corona nur wenig. «In einer Pandemie braucht es recht wenig, um das ganze System zum Kippen zu bringen», so Helbling.

Kunstmessen wurden abgesagt, Museen, Galerien und Kunsträume waren geschlossen. «Der Lockdown war eigentlich eine kurze Zeit, aber das Publikum kam nicht. Das Problem war auch, dass die Kunstschaffenden niemanden in ihren Ateliers empfangen durften und Sammler konnten nicht vorbeikommen.»

Das Einkommen der Kulturschaffenden aller Sparten ist 2020 abgesackt. Das gefährde viele Existenzen, sagt Stefano Kunz vom Schweizer Musikrat. Wenn man daran denke, dass knapp 60 Prozent der Kulturschaffenden für dieses Jahr mit weniger als 40'000 Franken Einkommen rechnen, «dann zeigen nur schon diese Zahlen auf, wie dramatisch die Situation für viele Kulturschaffenden ist. Wenn man sich in diesem Bereich bewegt, ist die Existenz gefährdet.»

«Es ist eine Mischung von Ohnmacht und Hoffnung»

Diesen Befund teilt Regine Helbling von Visarte: «Wir haben das auch festgestellt bei «Suisse Culture Sociale» in der Nothilfe, die für alle Kunstsparten da ist. Nach den Musikerinnen machten die bildenden Künstler den grössten Anteil aus. Die meisten haben einen Brotjob, etwa in der Gastronomie oder im Veranstaltungsbereich, um ihre Kunst querzusubventionieren. Da fiel auch viel weg.»

Die Kulturverbände haben ihre Mitglieder beraten, wie sie Unterstützungsgesuche stellen können. Die Kulturschaffenden seien froh, dass die Unterstützungsmassnahmen greifen und einen Teil der Verluste decken, sagt Stefano Kunz. «Andererseits würde man natürlich viel lieber Geld mit der eigentlichen Tätigkeit verdienen. Es ist eine Mischung von Ohnmacht und Hoffnung, dass es rasch besser wird.»

Diese Hoffnung zerschlägt sich immer wieder – angesichts des Verlaufs der Neu-Ansteckungskurve. Sowohl Stefano Kunz als auch Regine Helbling hoffen weiter, auf eine gewisse Normalität, die vielleicht 2023 eintreten werde, und auf eine Verlängerung der Covid-Unterstützungsmassnahmen bis Ende 2022.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 04.11.2011, 17:10 Uhr ; 

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