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Fondation Beyeler Wayne Thiebaud in Riehen: Er macht aus Junkfood bunte Kunst

Torten und Eis – die Werke des US-Malers Wayne Thiebaud machen Appetit. Nun gibt es sie in Riehen in einer Einzelausstellung zu sehen.

Die Bilder des US-Malers Wayne Thiebaud erinnern an eine Zuckerbäckerei aus Ölfarben: Kuchenstücke, Hochzeitstorten und garnierte Sandwiches füllen seine Leinwände, alle in appetitlichem Farbklang.

In Europa gilt der Künstler, der 2021 mit 101 Jahren starb, noch immer als Geheimtipp. Die Fondation Beyeler will das ändern. Deshalb widmet sie Thiebaud die erste Einzelausstellung im deutschsprachigen Raum. Das passt ganz besonders, denn der Maler hatte Schweizer Wurzeln: Er war der Enkel von schweizerischen Einwanderer.

Die Kunst der süssen Verführung

Woher stammte seine Passion für Essbares und vor allem für Süsses? Laut Ulf Küster, dem Kurator der Ausstellung, hat diese Themenwahl biografische Gründe: Thiebauds Familie litt unter den finanziellen Folgen des Börsencrashs von 1929 und der wirtschaftlichen Depression in Amerika.

Zahlreiche gemalte Tortenstücke auf Tellern
Legende: Torten zählten zu Wayne Thiebauds Lieblingsmotiven – so auch bei den «Pie Rows» von 1961. Wayne Thiebaud Foundation/ProLitteris Foto:Matthew Kroening

Essen war damals ein sicherer Wert. Später, in den 1960er-Jahren, wurden die üppigen Kuchenauslagen und Sandwichbuffets dann zu einem wichtigen Teil des amerikanischen Alltagslebens.

Wayne Thiebaud wollte mit seinen Bilder die Verführungen dieser Auslagen festhalten. Seine Bilder sollten ebenso bezirzen: «Zum Staunen, zum Freuen, zum Glücklichsein», wie Ulf Küster erklärt. Thiebaud habe die Betrachterinnen und Betrachter glücklich machen, aber auch verwundern wollen. «Verwirrung und Glücklichsein gehörten für ihn zusammen», so Küster.

Zwischenstation bei Walt Disney

Wayne Thiebauds Malerei ist sehr lustvoll. Sie befasst sich mit den schönen Dingen des Lebens, aber auch mit der Kunst selbst. Der US-Amerikaner beschäftigte sich intensiv mit der Kunstgeschichte. Vor allem die europäische Moderne beeinflusste ihn stark, etwa Picasso, Mondrian oder Cezanne.

Doch auch die Welt der Comics prägte ihn. Ursprünglich war er Cartoonist und arbeitete einige Monate bei Walt Disney. Später war Wayne Thiebaud als Werbegrafiker tätig, studierte Kunst und begann selbst zu unterrichten.

Zwei bunte Farbeimer gemalt von Wayne Thiebaud
Legende: Wenn Künstler die eigenen Malutensilien malen: «Two Paint Cans» (1987). Wayne Thiebaud Foundation/ProLitteris, Foto: Matthew Kroening

Wohl deshalb spielt in seinem künstlerischen Werk die Auseinandersetzung mit der Kunst und ihren Mitteln eine grosse Rolle. Immer wieder hat er Farbtöpfe und Farbstifte gemalt, so auch bei «Two Paint Cans» von 1987.

In den scheinbar unbedarften Bildern von Kuchenschnitten und Hochzeitstorten steckt dabei deutlich mehr als nur die Lust an hellen, cremigen Farbtönen. Oft malte Thiebaud Kuchenstücke und Pfefferminzbonbons in Reihen und Gruppen. So entstand eine Art Muster, bei der das einzelne Motiv Teil eines grösseren Ganzen wird.

Achterbahnfahrt auf Leinwand

Neben den süssen Stillleben schuf Thiebaud jedoch auch Landschaften, etwa Naturräume mit Seen und mäandernden Flüssen. Die Farben sind hier jeweils dunkler und erdiger. Auch formal wagte der Maler damit etwas Neues.

Ausblick auf eine Städtelandschaft mit steilem Aufstieg
Legende: Stadtlandschaft mit Speiseteller: Wayne Thiebauds Werk «UNTITLED (CITY VIEW)» aus dem Jahr 1993. Wayne Thiebaud Foundation/ ProLitteris, Foto: Matthew Kroening

Am Ende der Ausstellung gibt es mehrere grossformatige Stadtlandschaften zu sehen. Sie zeigen ein überspitzt dargestelltes San Francisco mit Strassen, die nahezu senkrecht hinaufschnellen und rasant wieder abwärts rasen. «Das erzeugt ein bisschen ein Achterbahngefühl», meint Ulf Küster.  

Egal, ob es um zuckersüsse Kuchenstücke oder Stadtpanoramen geht, immer wieder gelang es Thiebaud, malerische Finesse mit purer Lebensfreude zu verbinden.

Ausstellungshinweis

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Die Ausstellung ist noch am bis 21. Mai 2023 in der Fondation Beyeler zu sehen.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktualität, 30.01.2023, 8:06 Uhr ; 

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