Ein Kopfsprung ins kühle Nass! – Das Eintauchen hat die umstrittene Propaganda-Fotografin Leni Riefenstahl unter Wasser festgehalten. Eine Schwarz-Weiss-Aufnahme von 1936. Die unzähligen weissen Bläschen, die den Körper umwirbeln, erinnern an Eiskristalle.
Auf einem anderen Bild plantschen Kinder aller Couleur in einem selbst gebauten Schwimmbecken aus Backsteinen. Zwei Jugendliche raufen sich und lassen ihre Arbeiter-Muskeln spielen.
Das Wasser reicht ihnen gerade mal bis zum Unterschenkel, aber diese «Pfütze» in Pittsburg scheint für die Stahlarbeiter-Kinder der 1930er-Jahre so spassig zu sein wie ein ganzer Freizeitpark.
Es ist bloss ein Becken voll Wasser, gross genug, um hineinzusteigen. Und doch steckt es voller Geschichten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten.
Ein paar Seiten weiter in Francis Hodgsons Fotoband, auf einem Londoner Sprungbrett, einen Meter über dem Wasserspiegel, sitzen lachend zwei junge Frauen im Badeanzug. Sie essen Schnittchen und trinken Kaffee.
Abbild der Gesellschaft
Im Bildband «Der Swimmingpool in der Fotografie» sind Aufnahmen aus den letzten 100 Jahren vereint. Damit ist er eine Art Gesellschaftsstudie.
Wer sich die Damen genauer betrachtet, die 1938 den Schwimmunterricht in Den Haag besuchten, sieht ihre sonnengebräunten Knie. Die Waden dagegen leuchten weiss – als würden sie auch im Wasser noch Kniestrümpfe tragen.
Eine Aufnahme aus Japan von 1996 zeigt einen künstlich angelegten Strand in einer riesigen Halle. Ein Wandbild suggeriert den Horizont. Doch der Himmel ist endlich und geht über in ein Plastikdach, unter dem sich die Menschen drängeln.
Schaulaufen am Pool
Natürlich geht es beim Thema Swimmingpool auch um Architektur. Es geht um Mode, Lifestyle, Körperkult und Status. So finden sich Aufnahmen von Tarzan-Darsteller Johnny Weissmuller im knackigen Einteiler.
Eine Fotografie zeigt ein Model aus den 1930er-Jahren in einem handgestrickten Badeanzug.
Auch die Familie Jackson ist vertreten: Klein-Michael mit seinen Eltern und Brüdern im Garten posierend, in Schlaghosen und floralen Hemden. Im Hintergrund ein Swimmingpool – clean und spiessig.
Bildband bleibt an der Oberfläche
Leider wirken die Fotografien in diesem Band wie zufällig ausgewählt und aneinandergereiht. Als hätte jemand bei den gängigen Fotoagenturen das Wort «Swimmingpool» in die Suchmaske eingegeben.
So gibt es zum Beispiel etliche Bilder der amerikanischen Schauspielerin und Schwimmerin Esther Williams. Andere Promis findet man kaum, obwohl sie in den Begleittexten erwähnt werden.
Die Bildunterschriften sind oft banal. Dabei wäre hier Platz für Zusatzinformationen. Welche Bedeutung hatte zum Beispiel ein selbstgebauter Pool für die Stahlarbeiter-Kinder in Pittsburgh?
So faszinierend diese Bilder sind – inhaltlich wurde bei diesem Bildband leider viel Potenzial verschenkt.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 18.7.2018, 17.20 Uhr