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Kunst Fotomuseum Winterthur: Was ist ein digitales Bild wert?

Der junge Schweizer Fotograf Sebastian Stadler fragt in seinem Werk «The Most Expensive Picture» nach dem Wert des Bildes im Zeitalter der digitalen Bilderflut. Zusammen mit anderen Nachwuchs-Fotografen präsentiert er seine Arbeiten im Fotomuseum Winterthur. Und die Antwort auf seine Frage ist klar.

Auf den ersten Blick sind Sebastian Stadlers Arbeiten sehr unterschiedlich: Da ist die analog produzierte Serie «Das Objekt wird zur Zeit restauriert», scheinbar unscheinbare Momentaufnahmen in Schwarzweiss. So etwa drei vorbeiflatternde Tauben, die im Moment der Aufnahme ein Dreieck bilden. Oder die poetische Videoarbeit «Lumi / ei lunta», die Winter und Sommer in der finnischen Einsamkeit gegenüberstellt.

Über Sebastian Stadler

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Sebastian Stadler wurde 1988 in St. Gallen geboren. Sein Fotografie-Studium schloss er 2011 an der ECAL (Ecole cantonale d’art de Lausanne) ab. Stadler ist halb Finne und lebt in Zürich. 2013 gewann er den Swiss Art Award.

Eine gänzlich andere Bildsprache spricht «The Most Expensive Picture» (TMEP), eine Art Bilddatenbank, die von Usern bestückt wird und einen bunten Mix zeigt, von Tierfotos bis Selbstporträts. Doch so unterschiedlich diese Werke auf den ersten Blick wirken, so haben sie doch eines gemeinsam: Vermeintlich Unwichtiges erhält Gewicht. Und alle Bilder verweisen auf etwas Abwesendes.

Spielerischer Umgang mit dem Digitalen

Gewicht verleiht Stadler dem digitalen Bild vor allem in der Arbeit «The Most Expensive Picture». Das Webprojekt entstand in Zusammenarbeit mit dem Grafikdesigner Stefan Jandl und Carlo Jörges, einem Designer für interaktive Computer-Anwendungen.

Das Prinzip ist einfach: Jeder, der dafür zahlt, kann ein Bild hochladen. Und zahlen muss er einen Dollar mehr, als die Person davor gezahlt hat, um ein Bild auf der Plattform zu veröffentlichen.

Die Idee dahinter? «Wir haben viel diskutiert, was mit den neuen Möglichkeiten der Technik mit der Fotografie geschieht. Wir wollten einen Rahmen definieren, in dem ohne unseren Einfluss eine eigene Bildwelt entstehen kann», erklärt Stadler.

Das Projekt TMEP war als Selbstläufer konzipiert, basierend auf der Frage: Wieviel ist ein Nutzer bereit zu zahlen, um sein Bild im Netz zu veröffentlichen? Und wie verändern sich Inhalte bei steigendem Preis?

Eine Schlange für 110 Dollar

Nach gut einem Jahr und 110 Dollar, die für ein Bild gezahlt wurden, stagnierte das Projekt. Offenbar scheint damit eine Grenze erreicht worden zu sein. Seither ist die Schlange «EVA» auf der Startseite des Projekts abgebildet, ein Bild des Künstlerduos Huber.Huber. Auch viele andere namhafte Künstler haben sich an dem Projekt beteiligt, was den Initiator Sebastian Stadler überraschte.

Die entstandene Sammlung ist eine bunte Mischung: Auf Landschaftsfotografie folgt das Bild eines Neugeborenen, darauf wiederum ein Graffito. Das Projekt schlummert weiter, die Initianten sind gespannt, wie das 111 Dollar-Bild aussehen wird.

Von der Website ins Buch

Die gesammelten Bilder sollen zu einem späteren Zeitpunkt auch in Buchform erscheinen. Der Medienwechsel stellt für Stadler einen wichtigen Schritt dar: «Indem wir diese Bilder in einer kleinen Serie publizieren, erhalten sie, die in der digitalen Masse gänzlich unwichtig erscheinen, eine neue Wertschätzung.»

Platt(t)form in Winterthur

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Im Fotomuseum Winterthur findet am Wochenende vom 25. und 26. Januar die Platt(t)form statt, das achte kuratierte internationale Portfolio-Viewing für Nachwuchsfotografen aus Europa. Jeweils zwei Stunden lang stellen 42 junge Fotografen ihre Werke einem Fachpublikum und der interessierten Öffentlichkeit vor.

Nach einem ähnlichen Verfahren arbeitet Sebastian Stadler auch in seinem neusten Projekt. Aktuell sammelt und speichert er mithilfe eines Computerprogramms Unmengen von Aufnahmen der finnischen Transportbehörde, die mit Tausenden von Webcams Finnlands abgelegene Strassen überwacht. Weshalb? «Es sind interessante Bilder darunter, die aber nur kurz erhalten bleiben, bevor sie wieder durch ein Neues ersetzt werden.»

Hat Sebastian Stadler damit der eigenen Fotografie völlig abgeschworen? «Natürlich werde ich auch weiterhin selber fotografieren. Aber heute gibt es bereits so viele Bilder. Indem ich die Richtigen aus der Bilderflut auswähle, und in einen anderen Kontext stelle, schaffe ich etwas Neues.»

Stadler wählt aus der digitalen Masse Bilder aus, und macht sie dadurch zu Kunst. Er nutzt die neuen Möglichkeiten, die sich mit der digitalen Technologie auftun. Und er sieht diesen Prozess rundum positiv: Durch die digitale Fotografie würden Bilder stärker wahrgenommen, es werde mehr über sie diskutiert. Das werte die Bilder auf.

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