Muottas Muragl ist der Aussichtsberg im Oberengadin. Von hier oben sieht man in verschiedene Seitentäler, aber auch über die ganze Oberengadiner Seen-Platte.
Dieses gewaltige Panorama hat Giovanni Giacometti in vierteiligem Bild gemalt. Jetzt ist es zusammen mit zwei weiteren seiner Bilder zu sehen: dem dreiteiligen Flimser Panorama und einem, das den Blick auf Maloja und die schroffen Bergeller Berge zeigt.
Zum ersten Mal überhaupt werden diese drei grossen Bilder in der Sonderausstellung «Giovanni Giacometti: Die grossen Panoramen» gemeinsam ausgestellt.
Zentral sei dabei die Rückkehr des «Muottas Muragl-Panoramas, sagt Stephan Kunz, der Direktor des Bündner Kunstmuseums. Man habe eine Ausstellung machen wollen, die auch zum Ausdruck bringen solle, wie wichtig Giovanni Giacometti im Allgemeinen und dieses Bild im Besonderen für das Museum seien. Giacometti sei ein Schwerpunkt der Sammlung, sagt Stephan Kunz. «In dieser Ausstellung können wir wunderbare Geschichten erzählen.»
Ein grosses Hin und Her
Da wäre zum einen die Geschichte des Oberengadiner Panoramas, jenes des Muottas Muragl. 1898 hat es Giovanni Giacometti als Auftragsarbeit gemalt. Bis 2019 befand es sich als als Dauerleihgabe im Bündner Kunstmuseum.
Dann wollten die Besitzer es verkaufen. Dass der Kanton Graubünden das Bild verlieren könnte, schlug in der lokalen Kunstszene hohe Wellen. 2.6 Millionen Franken wurden geboten. Das war weniger, als die Eigentümer sich gewünscht hätten. Sie behielten das Bild und übergaben es wieder dem Bündner Kunstmuseum.
Im Keller verstaubt
Eine ähnliche Geschichte hat das «Flimser Panorama» zu erzählen. Auch dieses Bild war eine Auftragsarbeit. Giovanni Giacometti hat es 1904 für das Hotel Waldhaus in Flims gemalt.
Das «Flimser Panorama» habe ewig lange im Keller im Hotel Wildhaus gestanden, erzählt Stephan Kunz. Eine Zeitlang hing es dort in Flims. Es kam in ein privates Museum. Dann kaufte ein Sammler das Bild für 4 Millionen Franken und stellte es dem Bündner Kunstmuseum als Leihgabe zur Verfügung.
Eine Leihgabe ist auch das dritte Panorama, das vom oberen Bergell. Das Bild, das Giovanni Giacometti für die Weltausstellung in Paris gemalt hat, hängt normalerweise in einem Hotel in Maloja.
Sprung in die Moderne
Alle drei grossen Landschaftsbilder zeigen einen wichtigen Moment in der persönlichen Geschichte von Giovanni Giacometti. «Man sieht darin auch», sagt Stephan Kunz, «wie Giacometti seinen eigenen künstlerischen Weg, seine eigene Ausdrucksweise findet. Wie er zu dem wird, als den wir ihn kennen und schätzen.»
Giovanni Giacometti hat sich zu dieser Zeit von Giovanni Segantini gelöst. Die Panoramen sind nicht mehr so detailgetreu wie seine ersten Werke. Der Künstler hat die Natur plötzlich frei interpretiert. Ein Wendepunkt nicht nur für Giacometti selber. Stephan Kunz sagt, man sehe hier einen Teil des Beginns der modernen Schweizer Kunst.