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Gleichberechtigung im Museum Die Kunst ist weiblich – tatsächlich?

Künstlerinnen sind in Museen normalerweise untervertreten, das ist nichts Neues. Eine ganze Welle von Schweizer Ausstellungen zeigt nun Kunst von Frauen. Wie nachhaltig ist das?

Eine Umfrage von Swissinfo zeigte 2019 erschreckend schlechte Zahlen, wenn’s um Gleichberechtigung im Schweizer Kunstbetrieb geht. Nur ein Viertel der Einzelausstellungen in Schweizer Museen waren von 2008 bis 2018 Frauen gewidmet.

Die Vertretung von Künstlerinnen in den Museumssammlungen ist noch schlechter: Nur 13 Prozent zählte kürzlich das Aargauer Kunsthaus, das Kunsthaus Zürich kam auf dieselbe Zahl.

Frau streckt drei Finger in die Luft
Legende: Minorität Künstlerin? Heiliger Bimbam! Manon lotet die Möglichkeiten der Selbstinszenierung aus: «Die graue Wand oder 36 schlaflose Nächte» (1979), ©2022, ProLitteris Zürich Aargauer Kunsthaus/Depositum der Sammlung Andreas Züst

Nachdem grosse Museen wie die Londoner Tate oder die Frankfurter Schirn feministische Anliegen in ihren Sammlungspräsentationen und Ausstellungen berücksichtigt hatten, korrigieren nun auch Schweizer Museen ihren Kurs. Manche bemühen sich schon seit Jahren. Auf alle Fälle waren noch nie so viele Ausstellungen über Künstlerinnen zu sehen wie derzeit.

Topfdeckel auf einem Kissen
Legende: «Schneewittchen und die acht Geisslein» (1966): Doris Stauffer verwandelte Alltagsgegenstände in Kunst. Aargauer Kunsthaus/Schenkung Doris Stauffer/Brigitt Lattmann

Das Kunstjahr der Frauen

Das Kunsthaus Zürich widmet Niki de Saint Phalle eine Einzelausstellung, das Kunstmuseum Bern zeigte Heidi Bucher und Liselotte Moser wird in Stans wiederentdeckt.

Kontext-Podcast: «Viele Frauen im Museum – Hype oder Kehrtwende?»

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Die Kunst scheint derzeit tatsächlich weiblich zu sein. Selten waren so viele Künstlerinnen in so vielen Schweizer Ausstellungen zu sehen. Ist das bloss eine Welle? Wie wird ein Trend nachhaltig? Das sind nur die ersten in einer ganzen Reihe von Fragen … Warum wurden einst bekannte Künstlerinnen wieder vergessen? Und warum viele nie entdeckt? Ein Kontext-Podcast auf der Suche nach Antworten.

Jahrelang erhielten nur sehr bekannte Künstlerinnen Einzelausstellungen, dass nun auch unbekanntere Namen solo gezeigt werden, ist eine wichtige Entwicklung.

Aber das ist noch nicht alles. Auch die Künstlerinnen in den Sammlungen werden gezeigt, aktuell etwa im Kunstmuseum Basel mit der Ausstellung «Fun Feminism» und im Aargauer Kunsthaus mit «Eine Frau ist eine Frau ist eine Frau …».

Dort lässt sich erforschen, welche Künstlerinnen als Minderheitenposition historisch gesammelt wurden, wo Freiräume für Künstlerinnen bestanden, und indirekt: Was beziehungsweise wer fehlt.

Prinzessin Diana auf einem Autowrack vor einer britischen Flagge, neben ihr ein Mädchen, das ihr Blumen reicht.
Legende: Humorvolle Rollenspiele: Susann Walders «Diana» (1997, 1998) ist Teil der Ausstellung im Aargauer Kunsthaus. Sammlung Aargauer Kunsthaus/Foto: Zoe Tempest

Feminismus ist für alle da

In Aarau zeigt Kuratorin Elisabeth Bronfen einen Überblick über die weiblichen Positionen in der Sammlung und analysiert die Konjunkturen der Aufmerksamkeit für weibliche Kunst. Zu entdecken sind Künstlerinnen wie Doris Stauffer oder Alis Guggenheim, die zu ihrer Zeit durchaus bekannt waren, aber dann vergessen gingen.

In Basel geht es um Witz, Humor und Ironie als bewährte Waffen im Kampf von unten gegen oben. «Fun Feminism» entdeckt in der Basler Sammlung, wie befreiend es ist, in ein Lachen auszubrechen, trotz unguter Lage. Und wie tauglich dieses Lachen ist, um herrschende Systeme zu kritisieren.

Zu entdecken sind beispielsweise die wunderbaren Fotocollagen von Marianne Wex oder eine butterweiche Rakete von Sylvie Fleury.

Schlaffe aufblasebare Rakete in einer Ecke.
Legende: Sylvie Fleury verwandelt, was eigentlich stahlhart sein sollte, in einen weichen Sack («First Spaceship on Venus (Soft Rocket in Silver 1)», 1999). Sylvie Fleury/Privatsammlung Zürich, Foto: Julian Salinas

Feministische Polyphonie

Beide Ausstellungen zeigen selbstverständlich diverse Stimmen nebeneinander. Feminismus ist in der Kunst für alle da. Aber es nicht alles himmelblau: Dass trotz Qualität viele Künstlerinnen schlicht und einfach vergessen gingen; und dass der humorvolle Protest gegen Missstände diese nicht beseitigt, das ist die bittere Pille beider Ausstellungen.

Zu sehen ist auch, wie locker und klug Künstlerinnen seit Jahrzehnten mit Themen wie Fluidität, Identität und Geschlecht umgehen.

Aquarell i dunkler Farbe einer weiblichen Brust.
Legende: Ja was denn nun? Abstrakte Aquarell-Studie, weiblicher Busen im Porträt oder Penis? Silvia Bächli/Aargauer Kunsthaus, Foto: Jörg Müller

Alles fliesst. Die Werke von Silvia Bächli, Manon oder vielen anderen Künstlerinnen switchen selbstverständlich hin und her: Befragen eine klassisch weiblich verstandene Identität ebenso wie sie lustvoll Geschlechter und Identitäten ausprobieren.

Wie lange hält die Aufmerksamkeit?

Spaltungen oder Grabenkämpfe kann frau sich in der Kunst schlicht nicht leisten. Denn sie ist mit einem Marktvolumen von geschätzt 5 Prozent nach wie vor viel zu leicht zu ignorieren.

Und wie lange die Aufmerksamkeit für Künstlerinnen anhält, ist auch höchst unklar. Vielleicht graben Kuratorinnen ja ab 2070 wiederum Kunst von Frauen aus, die viel zu schnell vergessen gingen.

Zu den Ausstellungen

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  • «Eine Frau ist eine Frau ist eine Frau … Eine Geschichte der Künstlerinnen», kuratiert von der Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Bronfen, bis 15.1.2023 im Aargauer Kunsthaus
  • «Fun Feminism», kuratiert von Claudia Müller, Senam Okudzeto, Alice Wilke, Maja Wismer, bis 19.3.2023 im Kunstmuseum Basel

SRF 1, Kulturplatz, 14.09.2022, 22:25 Uhr

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