Zum Inhalt springen
Ein Mann schaut von einem Dach hoch über Tanger übers offene Meer.
Legende: Endstation Hafen: «Mur des paresseux» (Mauer der Müssiggänger) von Yto Barrada, 2001/2010. Yto Barrada & Galerie Sfeir-Semler

Kunst Bilder aus Tanger, einer Hafenstadt ohne Kontakt zur Welt

Ein Hafen ist normalerweise das Tor zur Welt. Nicht so das marokkanische Tanger: Dort ist der Hafen eine maritime Sackgasse, den meisten Marokkanern bleibt nur der Blick hinüber nach Spanien. Davon erzählt die Fotografin Yto Barrada in ihrer Ausstellung «Riffs» im Fotomuseum Winterthur.

Das Schengen-Abkommen, das 1995 in Kraft getreten ist, hat Europas Grenzen nach aussen verschärft. Die nur 14 Kilometer breite Strasse von Gibraltar ist für die Bewohner von Tanger eine unüberwindbare Grenze geworden. Früher fuhren Ausflugsboote nach Spanien. Heute dürfen die meisten Marokkaner nicht mehr nach Europa reisen. Andererseits kommen jährlich 10 Millionen Reisende über den Hafen von Tanger nach Nordafrika.

Bilder aus einer Hafenstadt ohne Kontakt zur Welt

In ihren Fotografien zeigt Yto Barrada ein Tanger, das wächst und gleichzeitig verfällt. Neubauten ragen nackt aus dem Boden. Daneben Bilder von öden Hafenstrassen, staubigen Schlüsselfächern eines verlassenen Hotels und der Ruine einer Strandbar, aus deren Deckenverkleidung Glaswolle quillt.

Ein verfallender Speisesaal aus dem die Glaswolle aus der Deckenverkleidung herunterhängt.
Legende: Bilder vom langsamen Zerfall, Restaurant, Villa Harris Yto Barrada

Barrada sieht die Brüche im Alltag. Ihre Bilder sind still und unaufgeregt. Wer sie anschaut, fragt sich: Was ist das für eine Stadt, dieses Tanger?

Die Fotografin spürt dem Alltag in Marokko nach, in einem nordafrikanischen Land, das vom Aufbau träumt und vom Verfall geprägt ist, in dem hohe Arbeitslosenzahlen so normal sind wie Immobilienspekulationen

Gartenarbeit kann subversiv sein, wenn man sie richtig betreibt

 In einem Video zeigt Yto Barrada Männer, die eine Palme versorgen. Mit ihrer Aktion wollen die Gärtner nicht nur den 100jährigen Baum retten, sondern auch ein Immobiliengeschäft verhindern. Grundstücke mit Baumbestand werden in Tanger nicht als Bauland freigegeben. Der Besitzer des Landes, auf dem die Palme steht, hat eine Kerbe in den Stamm geschlagen und hofft, dass der Baum abstirbt. Er will sein Land als Bauland verkaufen. Die Gärtner versuchen das zu verhindern. Die Attacke des Grundbesitzers auf die Palme war ganz real. Doch die Gärtner, die hat Yto Barrada engagiert.

Tanger sei eine Stadt geworden, die auf die Welt warte, sagt Yto Barrada. Mit ihren Fotos und Videos bringt sie Tanger hinaus in die Welt.

«Riffs» von Yto Barrada ist bis zum 10. Februar 2013 im Fotomuseum Winterthur zu sehen.

Meistgelesene Artikel