Das Schengen-Abkommen, das 1995 in Kraft getreten ist, hat Europas Grenzen nach aussen verschärft. Die nur 14 Kilometer breite Strasse von Gibraltar ist für die Bewohner von Tanger eine unüberwindbare Grenze geworden. Früher fuhren Ausflugsboote nach Spanien. Heute dürfen die meisten Marokkaner nicht mehr nach Europa reisen. Andererseits kommen jährlich 10 Millionen Reisende über den Hafen von Tanger nach Nordafrika.
Bilder aus einer Hafenstadt ohne Kontakt zur Welt
In ihren Fotografien zeigt Yto Barrada ein Tanger, das wächst und gleichzeitig verfällt. Neubauten ragen nackt aus dem Boden. Daneben Bilder von öden Hafenstrassen, staubigen Schlüsselfächern eines verlassenen Hotels und der Ruine einer Strandbar, aus deren Deckenverkleidung Glaswolle quillt.
Barrada sieht die Brüche im Alltag. Ihre Bilder sind still und unaufgeregt. Wer sie anschaut, fragt sich: Was ist das für eine Stadt, dieses Tanger?
Die Fotografin spürt dem Alltag in Marokko nach, in einem nordafrikanischen Land, das vom Aufbau träumt und vom Verfall geprägt ist, in dem hohe Arbeitslosenzahlen so normal sind wie Immobilienspekulationen
Gartenarbeit kann subversiv sein, wenn man sie richtig betreibt
In einem Video zeigt Yto Barrada Männer, die eine Palme versorgen. Mit ihrer Aktion wollen die Gärtner nicht nur den 100jährigen Baum retten, sondern auch ein Immobiliengeschäft verhindern. Grundstücke mit Baumbestand werden in Tanger nicht als Bauland freigegeben. Der Besitzer des Landes, auf dem die Palme steht, hat eine Kerbe in den Stamm geschlagen und hofft, dass der Baum abstirbt. Er will sein Land als Bauland verkaufen. Die Gärtner versuchen das zu verhindern. Die Attacke des Grundbesitzers auf die Palme war ganz real. Doch die Gärtner, die hat Yto Barrada engagiert.
Tanger sei eine Stadt geworden, die auf die Welt warte, sagt Yto Barrada. Mit ihren Fotos und Videos bringt sie Tanger hinaus in die Welt.
«Riffs» von Yto Barrada ist bis zum 10. Februar 2013 im Fotomuseum Winterthur zu sehen.