Wer Beni Bischofs Atelier betritt, hat den Eindruck, hier habe eben eine kleinere Bombe eingeschlagen. Das Durcheinander ist gross – überall Pinsel, Skulpturen, Modehefte, Groschenromane, Schachteln. Beni Bischof lächelt und sieht das ganz anders: Sein Atelier sei gerade eher aufgeräumt. Vor einer Ausstellung sehe es wirklich wild aus.
Witzig und hintergründig
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Das Atelier ist Bischofs Universum und Labor: Hier malt er mit dickem Farbauftrag, arbeitet mit Gips, klebt Zigaretten zu abstrakten Bildern. Und vor allem: Hier entstehen auch seine Zeichnungen. Seine Filzstift- oder Kugelschreiber-Zeichnungen sind witzige, immer wieder hintergründige Gedankenspielereien. Zum Beispiel, wenn Bischof einen Kreis zeichnet und darunter «extrem ungenaues Quadrat» schreibt. Oder wenn er ein punktähnliches Vierecklein kritzelt und das dann als «Grösste Skulptur der Welt aus der Ferne betrachtet» beschreibt.
Beni Bischof bringt Dinge gerne auf den Punkt und liebt den einfachen Eingriff mit grosser Wirkung. Wenn er einer schönen Frau auf einer Werbung den Finger in die Nase rammt oder einem Bodybuilder durch die Augen, ist die Irritation enorm. Das Gesicht der Frau und des gestählten Mannes werden zu Fratzen. Eine Provokation? Nein, meint der etwas scheu wirkende Bischof. Er wolle einfach, dass etwas geschehe – und was geschehe, das geschehe dann eben im Kopf der Betrachter.
Abscheu und Faszination
Wer nun Beni Bischofs «Psychobuch» in die Hand nimmt, bleibt nicht unberührt. Zuerst erschrickt man fast über das Gewicht: ein Koloss von stolzen zweieinhalb Kilos. Und dann das Cover! Das Gesicht eines dicken, schlafenden Mannes. Das schwabbelige Kinn wölbt sich über Hemdkragen und Kravatte. Der Mund ist offen. Man hört den Dicken förmlich schnarchen. Man kann nicht anders, als das Bild mit Abscheu und Faszination anzustarren. So ist es Beni Bischof auf dem Bahnhof in Rorschach damals auch ergangen, als er diesen Mann auf einer Werbung gegen Schlafapnoe sah und subito fotografierte. Krass, dachte Bischof. Oder eben: Psycho.
Und auch die über 2000 Bilder in Bischofs «Psychobuch» sind stark in ihrer Wirkung. Eine gewisse Überforderung ist durchaus beabsichtigt. Denn die Welt sei ja auch überfordernd und voller Gegensätze, findet Bischof. Auch die Medienwelt. «Berichte über Kriege, Flugzeugabstürze und tote Kinder und parallel dazu die Trashkultur mit Popstars oder irgendwelchen Schauspielern in einem Magazin – das finde ich krass», sagt Bischof und betont, dass er, der sich aus Zeitschriften mit Bildmaterial bedient, nie Katastrophenbilder als Inspirationsquelle auswählt.
Der Kunstmarkt ist ein Haifischbecken
Gegensätze, die Reibung produzieren, sucht der umtriebige Beni Bischof auch in seinem privaten Leben. Der erfolgreiche junge Schweizer Künstler, der eigentlich bestens in Kunstmetropolen wie Zürich, London oder Berlin passen würde, wohnt in Widnau im Sanktgaller Rheintal, weitab der Zentren. Sein Atelier hat er in St. Gallen. Das sei gut so. Auch das Pendeln von St. Gallen in die absolute Provinz.
Beni Bischof scheint die Distanz zu mögen, auch zum Kunstmarkt. «Der ist wie eine Art Haifischbecken, gleichzeitig anziehend und abstossend. Ich sehe mich nicht als Teil dieses Kunstmarktes – eher als Beobachter», sagt Bischof, um dann im gleichen Atemzug zu erzählen, dass er von seiner Kunst ganz gut leben könne. Dass seine Arbeiten gut ankommen, sei ein Glück. Genauer darüber nachdenken will Bischof allerdings nicht. Das würde ihn und seine künstlerischen Arbeit am Ende nur beeinflussen.
Meister Zufall
Tatsächlich: Beni Bischof ist erfolgreich. 2009 nahm er seinen ersten Swiss Art Award entgegen und hatte ein Jahr später bereits seine erste Einzelausstellung «Dumm schauen und Kekse fressen» in der Kunsthalle St. Gallen. Seither ist Bischofs Aufstieg fast kometenhaft. 2014 öffnet im Monatstakt eine Ausstellung mit seinen Werken.
Bischof, der die Bilderflut in Magazinen und der Werbung mit Filzstift und Fingern durchpflügt, hat nie Kunst studiert und in seiner Arbeit geht er nie planmässig vor. Lieber lässt er sich von Zufällen überraschen und anregen. Die Kunst als ein grosses Spiel.
Verändert hat sich sein Arbeitsrhythmus: Statt den Arbeitstag früh und sofort im Atelier zu beginnen, gehören die ersten Stunden seinem anderthalb-jährigen Sohn. «Ich zeichne oft mit ihm, und er kribbelt dann rein», erzählt Bischof mit einem feinen Lächeln.