Wie die Hüterin eines wertvollen Schatzes: So muss sich Renate Menzi, Kuratorin der Designsammlung im Museum für Gestaltung Zürich, fühlen, wenn sie die steile, dunkle Treppe hinunter ins Schaudepot steigt. Hier im Untergrund befindet sich ein doppelstöckiges Hochregal-Lager: Auf den sechs Meter hohen und 100 Meter langen Regalen sind schier unendlich viele Lampen, Tische, Lavabos, Blumenkisten und Stühle akkurat in Reih und Glied aufgestellt und erzählen wundersame Geschichten.
Jedes Objekt hat seine Geschichte
Zum Beispiel der textile Kleiderschrank des Designers Jörg Boner. Zwar hat sich dieser leichte und elegante Schrank nie zu einem gut verkauften Objekt entwickelt. Aber ins Schaudepot hat er es diskussionslos geschafft. «Dieser Schrank steht in der Tradition des nomadischen Wohnens», erklärt Renate Menzi. Und verweist auf Schweizer Architekten wie Hans Bellmann, der für «Wohnbedarf» einen zusammenklappbaren Tisch schuf und auf Willy Guhls zusammenlegbaren Kleiderschrank aus Pavatex für die Schweizer Wohnhilfe.
Aus der Bettflasche wird ein sportliches Accessoire
Das Schaudepot macht Schweizer Designgeschichte hautnah erlebbar. Die Objekte laden zum Staunen, ihre Geschichten oft auch zum Schmunzeln ein. Wie zum Beispiel die Geschichte der Sigg-Flasche aus Aluminium. 1920 war diese Aluminium-Flasche noch Bettflasche, leicht gerippt und mit einem anderen Verschluss als heute. Im Rahmen der Outdoor-Bewegung jedoch haben die Gestalter die Flasche etwas verschlankt und ihr den typischen Verschluss verpasst. So feiert die Sigg-Flasche seit den 1990er-Jahren ihren Siegeszug als sportliches Accessoire. Als dann auch noch die amerikanische Film-Schauspielerin Cameron Diaz mit einer Sigg-Flasche fotografiert wurde, verdoppelte sich die Produktion schlagartig.
Der Stuhl, das gebündelte Wissen
Das neue Schaudepot auf dem Toni-Areal ist eine Wunderkammer mit grossem Inspirationspotenzial für Studierende der Zürcher Hochschule für Gestaltung, Designer und Firmen. Renate Menzi ist überzeugt, dass Beschreibungen und Fotografien nicht ausreichen, die Stühle, Tische, Lavabos, Eternitkisten oder Knoblauchpressen zu erfassen. Letztlich sei es effizienter, das Objekt – quasi als gebündeltes Wissen – aufzubewahren. Darum versteht die Design-Expertin das Schaudepot auch als wichtiges Reservoir für Formen, Material und technischen Lösungen.