Das Kino Le Grand Rex in Paris mit seinem stufenförmigen Eckturm, das Berliner Renaissance-Theater, die ganze South Beach von Miami Beach: eindeutig Art déco – kurz für art décoratif. Dabei ist der Stil gar nicht so einfach zu definieren. Auch fand er seinen Namen erst, als er eigentlich schon vorbei war, aus der kunsthistorischen Rückschau der 1960er-Jahre.
Elegant, edel, aufregend
Am 28. April 1925 eröffnete in Paris die «Exposition internationale des Arts décoratifs et industriels modernes», die Weltausstellung des Kunsthandwerks, die dem Stil später den Namen gab. Hier stellten Architekten, Dekorateure, Dessinateure und Couturiers ihre neuesten Kreationen aus: in edlen Materialien, in elegant geschwungenen Formen, in aufregenden Farben, in sinnlicher Ornamentik, die auch vor dem Dekorativen nicht zurückschreckte. Ganz nach dem stilistischen Motto der 1910er- und 1920er-Jahre: «Le superflu, c'est le nécessaire» – das Überflüssige ist das Notwendige.
Dekorativ, aber zum Brauchen
Vor allem auch Warenhäuser machten den neuen Stil einem breiten Publikum bekannt. Die bekanntesten Schöpfungen des Art déco sind bis heute Gebrauchsobjekte: die Möbel von Emile-Jacques Ruhlmann, das Silber von Jean Puiforcat, die Gläser von René Lalique.
Im Art déco vermischen sich die ornamentalen Ideen des Jugendstils, der Chinoiserien, des Japonisme des Fin-de-siècle mit dem kubistischen Körperbewusstsein und den fiebrigen Linien des Futurismus. Seinen Höhepunkt hatte der Stil in der zweiten Hälfte der 1920er-Jahre. Mit der Weltwirtschaftskrise von 1929 waren auch die goldenen Zeiten des Art déco vorüber.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, 100 Sekunden Wissen, 29.4.2015, 6.20 Uhr.