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Kunst Der Designer, der den leichtesten Stuhl der Welt erfand

Designer Marcel Wanders zeigt 400 Objekte im Stedelijk Museum in Amsterdam. Eine grosse Ehre für den 50-Jährigen. Die Ausstellung zeigt, in wie vielen Disziplinen der Niederländer ein Meister ist. Er arbeitet mit viel Leichtigkeit, sehr verspielt. So erfand er auch den leichtesten Stuhl der Welt.

Wie ein stolzer Pfau schreitet Marcel Wanders durch die Ausstellung. Noch immer kann er kaum glauben, dass das renommierte Stedelijk Museum in Amsterdam ihm eine so grosse Ausstellung widmet. «Auf künstlerischem Gebiet ist dies das grösste Podium, auf dem du stehen kannst», freut er sich.

Seine Arbeiten hat Kuratorin Ingeborg de Roode in drei Zonen eingeteilt. Die erste ist weiss. In dieser Abteilung werden die Design-Stücke anhand von zehn Themen analysiert. Unter anderem geht es um die Fragen, wie Wanders sein Handwerk ausübt und wie innovativ seine Schöpfungen sind.

«Lady Gaga des Designs»

Grosse Vasen, blau
Legende: Moderne Formen, traditionelles Blau: Marcel Wanders spielt gerne mit Gegensätzen. Marcel Wanders

Wanders kombiniert gerne unterschiedliche Elemente. Das wird schon beim Betrachten der ersten Vitrine klar: Eine Reihe seltsam geformte Vasen steht da. Bemalt sind sie mit «Delfts blauw». Das typische Blau aus der niederländischen Stadt Delft ist weltberühmt. Wanders spielt mit dem Wiedererkennungseffekt.

Auch vor unüblichen Kombinationen schreckt der Designer nicht zurück. Bester Beweis ist die «Egg Vase», ein Blumenbehälter mit ovalen Ausstülpungen. Um diese zu formen, stopfte er hartgekochte Eier in Kondome. Inzwischen werden die Eiervasen in drei Grössen – Small, Medium und Large – vom renommierten deutschen Porzellanfabrikanten Rosenthal hergestellt.

«Lady Gaga des Designs», so wurde Wanders von der «New York Times» beschrieben. Sein Ideenreichtum zeigt sich auch beim «Carbon Balloon Chair». Dafür hat er längliche Ballone aus gewebtem Kohlenstoff mit Pressluft gefüllt, diese zur Fixierung in Kunstharz getaucht und danach die Luft wieder abgepumpt. So entstand ein federleichter, nur gerade 800 Gramm schwerer Stuhl. Für Kuratorin Ingeborg de Roode ist er eine kleine Sensation: «Designer suchten ein Jahrhundert lang nach dem leichtesten Stuhl der Welt. Wanders, der nicht im entferntesten einen Rekord anstrebte, hat diese Technik spielenderweise erfunden.»

Auch als Innendekorateur gefragt

In der schwarzen, theatralisch eingerichteten Zone geht es in erster Linie um autonome Projekte des Designers. Neben Sofas und anderen Möbeln fällt der Blick auf ein sich drehendes, viereinhalb Meter hohes Gebilde in der Mitte des Raumes. Auf der einen Seite ist ein europäisches und auf der anderen Seite ein asiatisches Frauengesicht zu erkennen. Der Niederländer, der auf der ganzen Welt Hotels und andere Häuser einrichtet, hat diese Auftragsarbeit für einen Gebäudekomplex in Istanbul gemacht.

Kleinere Ausstellungsexponate im scharzen Raum.
Legende: Die schwarze Zone. Keystone

Der düstere Ausstellungsraum wird mit Musik beschallt, die der niederländische Komponist Jacob Ter Veldhuis speziell für diesen Anlass geschrieben hat. Besonders auffallend sind die Lichtobjekte aus der Phoebe’s Reihe. Dazu gehört eine Ständerlampe, die aussieht wie ein knielanger, weisser Pferdeschwanz. Oder der Kragen aus runden, mit Mohair-Wolle überzogenen, Leuchtkörpern, der zur Eröffnungsfeier als Gag von einer Frau getragen wurde. Die seltsame Leuchte reichte vom Hals bis zum Bauchnabel.

Lampen als Kleidungsstücke

Es gibt auch hübsche Petitessen in kleinen Vitrinen. Wie der Card Case Holder für Kreditkarten im blauen Etui oder die berühmte Regenbogen-Kette, die der Meister selber immer um den Hals trägt. Das kaleidoskopische Schmuckstück besteht nicht nur aus farbigen Perlen. Auch ein grüner Würfel, eine Viagra-Pille und sogar ein Gallenstein wurden aufgezogen.

Der letzte Teil der Ausstellung ist seiner Arbeit als Art-Director gewidmet. 2001 gründete Marcel Wanders das Design-Label «Moooi». Damit wollte er für junge Designer aus der ganzen Welt eine Plattform schaffen. Inzwischen arbeiten mehr als 30 Männer und Frauen für die eigensinnige Marke. Ihre Werke werden in fast 80 Ländern verkauft. Einige davon sind im Stedelijk in Amsterdam zu sehen.

Für Marcel Wanders ist wichtig, dass seine Alltagsgegenstände nachhaltig sind. Er möchte einen Beitrag zu einer besseren Welt liefern. Aber dass seine Kreationen auch schön sein dürfen, musste er zuerst lernen: «Als ein Dozent auf der Kunstschule mir vorwarf, meine Arbeit sei nicht schön, wurde ich zuerst wütend. Aber dann habe ich beschlossen, dass Dinge auch schön sein dürfen.»

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