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Vorführungsraum, auf der Leinwand ist ein Bild aus einem Film zu sehen: Ein Frachter auf dem Meer.
Legende: Adrian Paci: «The Column», 2013. Bieler Fototage

Kunst Die dokumentarische Kraft der Fotografie

Für Fotofans sind die Bieler Fototage längst ein Muss. 2012 kamen über 6000 Besucher aus der Schweiz und dem Ausland. In diesem Jahr locken die Bieler Fototage mit Beiträgen von rund 50 Fotoschaffenden, die in 27 Ausstellungen in Museen und in der Bieler Altstadt zu sehen sind.

Der Ozean liegt ruhig unter dem trüben Himmel und der Horizont wirkt unbeweglich. Einige Aufnahmen aus dem Video «The Column» von Adrian Paci könnten Standbilder sein, wäre da nicht das laute Stampfen der Motoren, das dem Betrachter immer wieder ins Bewusstsein ruft, dass hier ein Schiff in Bewegung ist.

Griechische Säule, die im Innern eines Schiffes liegt.
Legende: Adrian Paci: «The Column», 2013. Bieler Fototage

Und nicht nur ein Schiff. Die See ist ruhig, doch im Bauch des Frachters rumort es gewaltig. Chinesische Arbeiter hämmern und schleifen an einem gigantischen Marmorblock. Unter ihren Händen entsteht eine griechische Säule für ein europäisches Schlossportal. Und das während der Fahrt auf hoher See. Transportzeit und Produktionszeit sind deckungsgleich.

Hauch des Irrealen

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Der aus Albanien stammende Foto- und Videokünstler Adrian Paci hat die Handwerker auf einem chinesischen Fracht- und Arbeitsschiff begleitet. Seine Aufnahmen erzählen von den nüchternen kapitalistischen Erwägungen, die die Zusammenlegung von Arbeits- und Lieferzeit für den Hersteller ebenso wie für den Kunden interessant machen. Zugleich hängt über den Bildern ein Hauch des Irrealen. Die Handwerker, bis zu den feinen Härchen in den Ohrmuscheln mit weissem Marmorstaub überpudert, wirken wie Geisterarbeiter inmitten des endlos weiten Ozeans.

Reaktionen auf die Globalisierung

Adrian Pacis Video ist an den Bieler Fototagen zu sehen, die in diesem Jahr unter dem Motto «Wendepunkte» stehen. Hélène-Joye Cagnard und Catherine Kohler, die beiden Kodirektorinnen des grossen Schweizer Fotofestivals, reagieren mit dieser Themenwahl auf aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklungen in der globalisierten Welt. In 27 Ausstellungen sind Arbeiten von internationalen Fotografinnen und Fotografen zu sehen. Wie immer sind die Präsentationen auf verschiedene Räume im Stadtgebiet Biel verteilt.

Dokumentarische Fotografie

Schwarz-Weiss-Foto: Menschen halten eine grosse Fahne mit dem Bild von Mohammed Mursi. Durch die Unebenheiten der Fahne ist das Gesicht verzerrt.
Legende: Mohamed Ezz: «The Other Faces of Morsi», 2012. Bieler Fototage

In enger Auseinandersetzung mit dem Thema «Wendepunkte» haben die Kuratorinnen ein dichtes und bewegendes Fotofestival zusammengetragen, in dem dokumentarische Foto- und Videoarbeiten einen besonderen Raum einnehmen.

Der ägyptische Fotograf Mohamed Ezz reflektiert die Demokratisierungsbewegungen in seiner Heimat, gleich mehrere Beiträge setzen sich mit der wirtschaftlichen Krise und der Zukunftsangst im Süden und Südosten Europas auseinander.

Schiessübungen und Saalschlachten

Ein Mann mit nacktem Oberkörper hält eine Pistole und ein GEwehr in den Händen, er starrt mit bösem Blick in die Kamera.
Legende: Type A: «Trigger», 2011. Bieler Fototage

Zuweilen ist es auch das Zusammenspiel verschiedener Ausstellungen, das die starken Veränderungen, die auch die westliche Welt in den letzten Jahrzehnten gezeichnet hat, spürbar macht. Unter dem Titel «Trigger» sind Zielscheiben mit Fotografien fiktiver Charaktere zu sehen, die in den USA für Schiessübungen genutzt werden. Von den Zielscheiben starren Personen mit irrem Blick und gezogener Waffe. Indirekt erzählen diese Trainings-Schiessscheiben auch etwas über die wachsende Angstkultur in den Vereinigten Staaten, die auch in Europa spürbar ist.

Beschaulich wirken daneben Fotografien aus dem Bieler Polizeiarchiv. Die schwarz-weiss Fotografien aus den 1940er- bis 1960er-Jahren erzählen von Wirtshausschlägereien und frisierten Mofas, von Hochwasser am Bielersee und einer Welt, die auch nicht sorglos war, aber überschaubar.

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