Eine altertümliche Druckerpresse steht am Eingang der kleinen Ausstellung im Landesmuseum – genauer gesagt: eine schwere Andruckpresse. Wie ein Fossil sieht sie aus in unserer digitalen Welt. Drauf liegt eine Steinzeichnung: ein «Schwörender» von Ferdinand Hodler, 1913.
«Steindruck war die Technik für die Reproduktion von Farbbildern in grossen Formaten, wie beispielsweise Plakaten. Bis sich der Offset-Druck auszubreiten begonnen hat, in den 40er- und 50er-Jahren», sagt Felix Graf vom Schweizerischen Nationalmuseum. Er hat die Ausstellung «Gut zum Druck – Kunst und Werbung bei Wolfensberger» kuratiert.
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Ein Pionier im grafischen Gewerbe
Wolfensberger – das ist zunächst der Zürcher Johann Edwin Wolfensberger. Etwas brummig sieht er aus, auf der zeitgenössischen Foto vor seiner Firma: ganz Patron alter Schule, gesellig korpulent und mit beiden Beinen fest auf dem Boden.
1911 erbaute er sich in einem repräsentativen Gebäude im Zürcher Enge-Quartier ein grafisches Gesamtkunstwerk: Wohnung, Druckerei, Ateliers, alles unter einem Dach. In der zweiten Etage der frisch gegründete «Kunstsalon Wolfsberg», die erste private Verkaufsgalerie für zeitgenössische Schweizer Kunst – ein progressives Konzept in den 1910er-Jahren.
Wolfensberger wollte ganz bewusst als Pionier im grafischen Gewerbe Massstäbe setzen und der zeitgenössischen Kunst eine Plattform geben. Da gibt es viele Anknüpfungspunkte für das Nationalmuseum, erklärt Direktor Andreas Spillmann. Interessiert habe sie vor allem auch der gesellschaftliche Aspekt. Die Meisterschaft eines Handwerkerberufes, der verschwindet – Wolfensberger ist noch eine von 30 lithografischen Anstalten weltweit.
Unvergleichliche Tiefenwirkung
Die Ausstellung im Landesmuseum entführt in einem visuell ansprechenden kleinen Parcours in lithografische Bilderwelten aus 100 Jahren – zum Beispiel die farbigen Bildtafeln im Konversationslexikon: das war Steindruck, oder die klassische Schweizer Werbegrafik, klare Konturen, prägnante Farben; und eben: Künstlergrafik. Das Besondere am Steindruck ist die unvergleichliche Tiefenwirkung: weil in mehreren Druckverfahren wie bei der Lasurmalerei Farbschicht um Farbschicht aufgetragen wird.
Heute kommt der Steindruck hauptsächlich für Kunst zum Zug. Wobei Thomi Wolfensberger, in vierter Generation in der Firma, immer noch die gleiche Druckerpresse verwendet wie vor 100 Jahren. Nicht aus Nostalgie, sondern weil es nichts Besseres gibt. Auch wenn es heute vorwiegend heisst: «Computer to stone» und der Drucker als Handwerker nicht mehr Vorlagen für die Reproduktion bearbeitet, wie zu Hodlers Zeiten, sondern heute Künstlerlithografien oft ganz ohne Vorlage im Atelier entstehen.
Mit der Wolfensberger-Ausstellung zeigt das Landesmuseum Steindruck als Handwerk im Wandel, an der Schnittstelle von Kunst und Werbung – und damit auch ein Stück Schweizer Kulturgeschichte und Alltagsgeschichte.