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Kunst Fischli bringt Werke von Hodler und Schnyder zusammen

Mit viel Witz kuratiert Peter Fischli eine Ausstellung von zwei sehr unterschiedlichen Schweizer Künstlern: Ferdinand Hodler und Jean-Frédéric Schnyder. Da blickt zum Beispiel Hodler aus einem Selbstportrait auf ein Bild von Schnyder, das einen pinkelnden Typen zeigt. Ein Dialog zwischen Werken.

Peter Fischli gehört zu den bekanntesten Schweizer Künstlern. Zusammen mit David Weiss hat er über Jahre die Kunstwelt und das breite Publikum verzaubert. Nach dem Tod von David Weiss ist Peter Fischli jetzt unter die Kuratoren gegangen. Im Zürcher Kunsthaus ist seine Ausstellung über die beiden Schweizer Künstler Ferdinand Hodler und Jean-Frédéric Schnyder zu sehen.

Kein Krawall unter Künstlern

istPeter Fischli hat sich für seine Ausstellung ein ungleiches Gespann ausgesucht: Ferdinand Hodler, ein Säulenheiliger der Schweizer Kunst, und der frech-verspielte Jean-Frédéric Schnyder haben auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun. Aus dem 19. Jahrhundert stammt der erstere und zielt aufs Ideal, aus dem 20. Jahrhundert stammt der andere und pfeift auf die Konvention.

Doch so unterschiedlich Hodler und Jean-Frédéric Schnyder sind, beide kümmern sich mit ihrer Kunst leidenschaftlich um die Malerei. Was das heisst, dafür interessiert sich Peter Fischli in seiner Ausstellung im Kunsthaus Zürich. Er setzt dafür aber nicht auf den Krawall und die Konfrontation der beiden Künstler. Streng getrennt hängen in den einen Räumen Hodlers Werke, in den anderen die von Schnyder. Die Werke sprechen jedoch miteinander über die Räume hinweg. Sie haben sich einiges zu sagen.

Gespräch unter Kunstwerken

So konterkariert Jean-Frédéric Schnyders bekannte Serie der «Berner Veduten» Hodlers ideale Landschaften. Hodler säuberte seine Landschaften von allem Zufälligen, suchte Parallelen und das Ideal. Schnyder häufte ganz im Gegensatz Alltag an, schichtete in grellen Farben das orange «M» der Migros auf die Leinwand oder suchte sich die Tankstelle neben dem Hochhaus als Sujet. Und wenn sich Jean-Frédéric Schnyder Hodler annähert und in einer weiteren fantastischen Serie über Wochen immer wieder den Niesen am Thunersee malt, dann ist seine Arbeit bei aller Schönheit eher dem Dokumentarischen als dem Idealischen verpflichtet.

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Peter Fischlis Ausstellung wirft neugierige Blicke auf die Entstehungsweise von Kunst. Zu sehen sind viele zauberhafte Hodler-Zeichnungen und zwar nicht als Beigemüse, sondern als zentrale Stücke der Ausstellung an den guten Wänden, die die Besucher als erstes in den Blick nehmen.

Da ist etwa eine Skizze, die in rasch hingeworfenen Bleistiftkurven erahnen lässt, was später zu einer mit Tonnen an Bedeutung aufgeladenen symbolistischen Komposition wie «Die Wahrheit» wird. Und auch Jean Frédéric Schnyders Arbeitsweise ist präsent: Skizzen natürlich, ebenso eindrücklich aber sein «Hudel», eine Patchwork-Decke, zusammengenäht aus den vielen Stofflumpen, mit denen der Maler täglich neu seine Pinsel reinigte. Die ganze Palette aus 20 Jahren lässt sich da ablesen und erschnüffeln.

Neuer Blick auf den Klassiker

Überzeugend ist der Rhythmus, die Lust und der Witz, die Peter Fischli an den Tag legt, wenn er Hodler und Schnyder über ihre Werke miteinander ins Gespräch bringt. So hängt in einem Saal ein kleines anarchisches Schnyder-Bild, das einen Typen mit runtergelassener Hose beim Pinkeln zeigt; viele Meter weiter weg an der gegenüberliegenden Wand sieht diesem respektlosen Treiben Hodler von einem Selbstportrait aus zu. Ob amüsiert oder entsetzt – Hodler verzieht erstmal keine Miene.

Auch wenn der Künstlerkurator sagt: Kuratieren sei nicht Kunst machen und eine Ausstellung kein Werk. So hat man Hodler noch nie gesehen. Der Klassiker profitiert eindeutig vom Gespräch mit Jean-Frédéric Schnyder. Und steigt bildlich gesprochen vom Podest herunter, auf das ihn die Nachfahren stellten.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 16.09.2014, 12.10 Uhr.

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