Sie haben sich in ihrer Karriere als Journalistin vor allem mit Politik und News befasst. Wieso drehten Sie nun gerade ein Film über den Künstler HR Giger?
Als «Rundschau»-Reporterin musste ich mich mit allen Abgründen dieser Welt auseinandersetzen: Folter, Krieg, Elend, Missbrauch. Das alles ging mir immer sehr nahe. Ich wollte mich intensiver mit diesen Themen beschäftigen und da war die Kunst von Giger eine gute Brücke. Seine Bilder haben nicht 1:1 die Thematik, wie Krieg oder Folter, sondern sind auf einer ganz anderen Ebene eine Auseinandersetzung mit den menschlichen Abgründen. Das hat mich angezogen und interessiert.
Was war HR Giger für ein Mensch?
Er war überhaupt nicht die Person, die ich aufgrund seiner Bilder erwartet habe: reserviert, distanziert, düster. Jemand, der seinem Image vom «dunklen, schwarzen Magier» gerecht werden will. Er war sehr zugänglich, herzlich, humorvoll, wir haben viel gelacht. Vom ersten Moment an verstanden wir uns gut. Das ist natürlich ausschlaggebend für mich, ich muss einen guten Draht zum Protagonisten haben. Ich kann mich nicht so lange mit jemandem auseinandersetzen, der mir nicht sympathisch ist.
Gesundheitlich ging es ihm nicht gut und das hat sich im Laufe der Dreharbeiten verschlimmert. Das war für uns ein Problem und ich musste lernen, damit umzugehen.
HR Giger strahlt im Film auch eine gewisse Bescheidenheit aus.
Ja, er war ein bescheidener, fast scheuer Mensch. Er stellte sich nie in den Vordergrund. Das war vielleicht auch ein wenig sein Problem. Er hat sich den Galerien, dem Kunstbetrieb nie angedient. Er war zurückhaltend und fühlte sich am wohlsten in seinem Haus, in seinem Reich.
Dort hat er ja auch 40 Jahre lang gelebt, in einer Art Gesamtkunstwerk.
Ja, er war immer dort und arbeitete sehr viel. Er war nicht der «Party Guy», der wusste, wo man auftauchen sollte, um sich und seine Kunst zu verkaufen. Natürlich hat er viel gefestet, aber eher im kleinen Kreis mit seinen treuen Freunden.
Wann kamen Sie zum ersten Mal in Kontakt mit Gigers Kunst?
Das ist sehr lange her, irgendwann in meiner Jugend, ich kann aber keine Zahl nennen. Das war ein Plattencover von Emerson Lake and Palmer: «Brain Salad Surgery». Ich habe das Cover lange angeschaut, es hat mich fasziniert. Ich fragte mich: «Was ist das für seltsame Kunst?» Im Zimmer meines Bruders hing ein Giger-Poster. Später kam natürlich «Alien», ich war völlig schockiert, hatte grosse Angst. Gleichzeitig faszinierte mich die Frauenfigur. Es passt zu Giger, dass er mit Ridley Scott zusammen so eine Heldin geschaffen hat.
Ich habe Gigers Kunst nicht gezielt verfolgt, aber ich habe sie nie vergessen. Das ist ein distinktives Merkmal von Giger, man vergisst seine Kunst nicht so schnell. Er ist definitiv singulär, «unique» und so Wegbereiter für viele andere Künstler. Sein Werk ist eigenartig, einzigartig.
Was hat Sie am meisten beeindruckt?
Beeindruckt hat mich, mit welcher Konsequenz Giger seine Träume verfolgte. In Greyerz hat er sein eigenes Museum errichtet, in einem Schloss, davon hat er als Kind geträumt. Dann ist er seiner Kunst trotz zahlreicher Anfeindungen treu geblieben. Für das Kunstestablishment hat er sich nicht verbogen.