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Uli Sigg gestikuliert vor einem Gemälde aus seiner Sammlung.
Legende: Die Jahre in China waren für Uli Sigg eine «einschneidende Erfahrung». Keystone

Kunst «Ich will der chinesischen Gegenwartskunst Beachtung verschaffen»

Uli Sigg war lange Jahre Botschafter der Schweiz in China. Er nutzte diese Zeit als Sammler für chinesische Gegenwartskunst. Sigg sammelte nicht, was ihm gefiel, sondern versuchte das zu erwerben, was von Bedeutung war. Seine Sammlung gibt er wieder nach China zurück in ein öffentliches Museum.

Herr Sigg, von Ihnen ist die Aussage zu lesen, Sie seien «faul geboren». Das ist schwer vorstellbar bei Ihrem Energielevel...

Meine Biografie ändert nichts daran, dass ich faul geboren bin, aber der Kampf dagegen ist vielleicht hier und da erfolgreich gewesen.

Der Film über Sie legt einen Schwerpunkt auf Ihre frühen China-Jahre, als Sie als Wirtschaftsmann in China waren und das erste Joint Venture zwischen einem chinesischen Staatsbetrieb und Schindler als westlichem Unternehmen ausgehandelt haben. Inwiefern ist diese Zeit für Sie wichtig?

Gemeinschaftsunternehmen haben sehr viel präjudiziert von der späteren Entwicklung. Es gab zum Beispiel keinen gesetzlichen Rahmen. Ich musste etwa verhandeln: was ist überhaupt eine Gesellschaft? Und wie kommt man aus der Planwirtschaft in eine Marktwirtschaft? Es war für mich eine einschneidende Erfahrung, und es war auch für die Volksrepublik wesentlich für die kommenden Jahre.

Uli Sigg

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Uli Sigg ist Wirtschaftsjournalist, Unternehmensberater, Mäzen, Kunstsammler, Schlossherr. 1980 gründete er für die Schindler Gruppe das erste Joint Venture mit einem chinesischen Staatsbetrieb. 1995 – 1998 war er Schweizer Botschafter in Peking. Seine bedeutende Kunstsammlung chinesischer Gegenwartskunst geht seinem Wunsch entsprechend nach China.

Als Sie mit dem Kunstsammeln in China begonnen haben, waren Sie der einzige auf weiter Flur?

Ich hatte nicht unbedingt den Eindruck, ich sei der einzige. Aber ich hab gesehen, dass es niemand sonst schaffte, dieser Kunst zu Beachtung zu verhelfen. Und das hab ich dann quasi mir auf die Fahne geschrieben.

Sie betonen, dass beim Kunstsammeln Ihr persönlicher Geschmack nicht entscheidend war.

Ja, mir war klar: wenn ich zeitgenössische Kunst sammle, dann so, wie eine Institution das tun würde. Wie ein nationales Museum, dass das ja eben nicht gemacht hat. Dann geht’s eigentlich nicht um meine persönliche Sicht und meinen Geschmack. Stattdessen muss ich versuchen, einfach zu dokumentieren, was die Künstler beschäftigt hat. Aus diesem Grund hat das dann eine Bedeutung. Ich nenne meine Sammlung «Das Dokument». Sie soll zeigen, was ist.

Nun geben Sie Ihre Kunstsammlung an ein neu zu bauendes öffentliches Museum in Hongkong. Warum?

Ich bin ein Fan des öffentlichen Museums. Gerade in Asien ist die Regel heute das private Museum. Aber beim privaten Museum ist man Geisel des Geschmacks eines Eigentümers – der kann gut sein, der kann weniger gut sein.

Und was ist, wenn der Eigentümer von der Bildfläche verschwindet? Wo ist die Kontinuität?

Eigentlich kann nur ein öffentliches Museum diese Kontinuität leisten und ist dann auch ein Langzeitgedächtnis. Irgendwann muss man anfangen, die öffentlichen Museen zu unterstützen, auch in Asien. So hab ich mich eben für so eines entschieden und nicht für eine private Initiative.

Hat China Sie verändert?

Ausstellungshinweis

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Das Kunstmuseum Bern zeigt in « Chinese Whispers » 150 neuere Werke aus der Sammlung von Uli Sigg.

Selbstverständlich bin ich jung in das chinesische Milieu reingekommen und hab das aufgesogen. Klar hat mich das auch verändert. Die Erfahrung verändert einem. Im Misserfolg, Erfolg, alles. Alles hinterlässt seine Spuren.

Sie haben Ihre Mission erfüllt. Wie geht Ihr Leben weiter? Werden Sie weitersammeln? Und was?

Ich bin jetzt eigentlich breiter geworden, was Kunst anbetrifft: ganz Asien. Insofern hab ich wieder neuen Stoff. Und es wird immer wieder neuen Stoff geben.

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