Direkt am Rhein, also an der Grenze zu Deutschland, erzählen Kunstschaffende aus der Schweiz, aus Deutschland und Österreich Grenzgeschichten von einst und heute.
Aus Gottlieben wird «Bohumilov»
Aber warum die Umbenennung des Orts in das tschechische «Bohumilov»? Das war die Idee des tschechisch-schweizerischen Künstlers Martin Chramosta. Er erinnert damit an den Kerkeraufenthalt des tschechischen Reformators Jan Hus vor genau 600 Jahren im Schloss Gottlieben. Hus wurde dann in Konstanz als Ketzer verbrannt.
Diese Grausamkeit wie auch die tragischen Ereignisse während des Zweiten Weltkriegs stehen im Widerspruch zur überaus lieblichen Landschaft und der Ruhe, die die zweitkleinste Gemeinde der Schweiz Gottlieben heute ausstrahlt. Das hat die meisten Künstlerinnen und Künstler motiviert.
Ein ganzes Dorf wird zur Kunstausstellung
Direkt auf der Grenze, also auf dem Seerain betätigte sich Heinrich Lüber als Wasserspeier und lieferte damit eines der spektakulärsten Bilder des Kunstfestivals:
Im Haus Hecht haben sich die Künstlerinnen und Künstler in allen Zimmern mit Installationen, Videos und Bildern häuslich eingerichtet. So individuell, wie ein französischer Designer die Zimmer im Haus Hecht, das aus dem 17. Jahrhundert stammt, in den 60er-Jahren gestaltet hat, so eigentümlich sind jetzt die darin präsentierten Installationen. Mit der Gesangskünstlerin Franziska Welti kann man ein «Tête-à-Tête» erleben: Sie singt in ihrem Hotelzimmer jeweils exklusiv für nur eine einzige Person.
Privatvorstellungen und fiktiv Makabres
Das schönsten Zimmer ist die Hochzeits-Suite im Dachgeschoss. Hier hatte einst die Künstlerin Mathilde van Zuylen ihr Atelier. Jetzt liegt darin ein vieldeutiges, künstliches Skelett ausgebreitet, das teils fiktiv-historische Geschichten erzählt und auch noch musikalisch ist.
Andere Performances finden draussen statt. Ein Froschspaziergang mit Christian Ratti changiert irgendwo zwischen Umweltaktivismus und ironischer Kunstperformance – was wohl bewusst offen bleiben soll.
Gefährliche Grenzübertritte
Am Gottlieber Kunstfestival kann man sich auf einen «grenzwertigen» Spaziergang mit der Performance-Künstlerin Dorothea Rust begeben oder gemütlich in Hotelsessel und Fauteuils schmiegen und den Hörstationen lauschen.
So erzählt Andrea Zaumseil von gefährlichen Grenzübertritten im Zweiten Weltkrieg ebenso packend wie von ihren eigenen viele Jahre später. Die heutige Professorin für Bildhauerei wurde nämlich als Studentin in den 70er-Jahren bei ihren täglichen Grenzübertritten zwischen Kreuzlingen und Konstanz schon mal mit einer RAF-Terroristin verwechselt.