In Pompeji wurde in den ersten Märztagen aus der Villa di Nettuno, einer antiken Residenz, ein Wandbild gestohlen, das die griechische Jagdgöttin Artemis darstellt. Der Raub fiel allerdings erst Tage später auf.
Wie konnte es dazu kommen? Der Fall Artemis sorgte für grosses Aufsehen. Das Kulturministerium versprach mehr Kontrollen. Doch für mehr Kontrollen und mehr Wachpersonal – bis jetzt nur 30 Personen für 66 Hektaren archäologische Grabungsfläche und circa 1500 antike Gebäude – und elektronische Überwachungssysteme hat das Ministerium keine Mittel. Übrigens ein Ministerium, das nur mit einem einzigen Prozent am Gesamtbudget der italienischen Regierung beteiligt ist. Davon gehen circa 55 Prozent für laufende Kosten ab.
Japaner sanieren in Rom
Aber nicht nur das Kulturministerium ist so gut wie blank. Das gilt auch für regionale und kommunale Altertümerbehörden. Wie im Fall Rom. Der Trevibrunnen, immerhin Italiens berühmteste Brunnenanlage, kann jetzt endlich restauriert werden, weil das italienische Modehaus Fendi 2,5 Millionen Euro dafür locker macht. Die Stadt Rom hat dieses Geld nicht. Auch nicht für die Restaurierung der Cestius-Pyramide, Roms kuriosestes antikes Grabmal. Hierfür zahlt gar ein japanischer Unternehmer – 1 Million Euro.
Das Kolosseum bröckelte jahrelang vor sich hin, weil Staat und Region Latium kein Geld für notwendige Instandhaltungsmassnahmen haben. Jetzt wird an der grössten antiken Arena gearbeitet. Aber nur dank des Lederwarenmillionärs Diego Della Valle. Der sponserte 25 Millionen Euro. Doch nicht die gesamte Summe fliesst in die Restaurierungsarbeiten: 20 Prozent gehen an den italienischen Fiskus.
Venedig hat es besser
Italien verfügt über die weltweit meisten Kulturgüter. Rund 60 Prozent der Weltkulturgüter der UNESCO befinden sich hier. In ganz Italien suchen Kulturpolitiker und Museumsdirektoren händeringend nach privaten Geldgebern. Keine leichte Sache, denn nur prominente Kulturgüter kommen in den Genuss solcher Finanzmittel. Und privates Sponsoring gibt es in der Regel auch nur dann, wenn ein Geldgeber mit einem Kulturgut für sich werben kann. Und so gammeln zahllose historische Monumente vor sich hin. Wie die grandiosen griechischen Tempel von Paestum südlich von Neapel. Oder auch viele historische Gebäude in Mailand, Rom und Florenz.
Nur in Venedig sieht es anders aus: Dank der Präsenz verschiedener internationaler Privatorganisationen, die vor Ort die Restaurierung historischer Gebäude betreuen und finanzieren, können Palazzi und Kirchen vor dem Schlimmsten bewahrt werden.
Die Unesco droht Neapel
Dramatisch sieht es vor allem in Süditalien aus. Dort verfallen antike Ruinen und Grabungsstätten. Viele von ihnen verschwinden unter wild wachsendem Grün oder werden als illegale Müllkippen missbraucht. Ein besonders dramatisches Beispiel für die Zustände im Süden Italiens ist das historische Zentrum von Neapel. Mit seiner immensen Fülle historischer Paläste und Kirchen ist es selbst für Italien einzigartig.
Immer wieder droht die UNESCO damit, das Stadtzentrum von der Liste der Weltkulturgüter zu streichen. Die Stadtverwaltung Neapels verspricht daraufhin, endlich ein wenig Geld lockerzumachen.
Versprechungen, die dann ganz schnell wieder vergessen werden: Über 100 historische Kirchen aus Renaissance und Barock sind geschlossen. Es fehlt Geld für ihren Erhalt. Viele von ihnen sind zum Ziel von Kunstdieben geworden. Die katholische Kirche Neapels ist machtlos. Auch ihr fehlt es an Mitteln. Man hofft auch hier auf private Sponsoren. Aber bisher hat sich nicht ein einziger sehen lassen.