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Kunst Kleckse oder hohe Kunst? Wenn Affen zu Malern werden

Seit einem halben Jahr untersucht der Künstler Benjamin Egger, wieviel gestalterisches Talent in unseren nächsten Verwandten schlummert: Unter seiner Beobachtung entdecken Schimpansen die Welt der Farben und Pinsel. Ein Kunstprojekt, das primär der Wissenschaft dienen soll.

Schimpanse Madschabu nimmt den Pinsel. Rot auf den Boden, Blau auf das Gitter. Affe Fanny macht ein paar unkonzentrierte Striche auf ein Blatt Papier. Primate Blacky kleckst ebenfalls auf das Blatt.

Benjamin Egger notiert, fotografiert und filmt jede Woche die Malversuche der grössten Schimpansengruppe der Schweiz. Die Grundfrage seines Experiments: Können Schimpansen darstellende Formen malen? Zum Beispiel ein Dreieck oder einen Kreis? Bisher blieb es bei Kritzeleien, die mit dem Stadium eines Kleinkindes vergleichbar sind.

Pinsel und Farbe fressen

In den ersten sechs Monaten hat er bereits eine Entwicklung beobachtet: Die Maltechnik haben sich einige der 16 Primaten selbst beigebracht. Einige Handbewegungen gleichen dem Stil des Menschen – auch wenn die Meisten nur klecksen.

Der Versuch des Künstlers im Gossauer Walter Zoo setzt auf das Lustprinzip der Affen. Zuerst galt das Interesse vor allem Pinsel und Farbe. «Die Schimpansen haben bei den ersten Versuchen alles gefressen und das Papier zerrissen. Mittlerweile haben wir den Farben Bitterstoff beigefügt», erklärt Benjamin Egger.

Nun entdecken die Primaten in Gossau ihre Fähigkeiten für bildende Kunst. Im ersten Versuch mit wilden Schimpansen müssen sie die Kunst aus einem Eigenantrieb entdecken. Die 56-jährige Affenmutter Blacky ist die Hoffnungsträgerin des Schweizer Künstlers. Sie offenbart im hohen Alter das grösste künstlerische Talent – auch wenn sie noch keine Formen malt.

Congo, der malende Affe

Der bekannteste Versuch mit einem handzahmen Affen stammt noch aus den 50er-Jahren. Unter intensiver Betreuung des Zoologen Desmond Morris erschuf der Schimpanse Congo 400 Bilder und wurde zum Fernsehstar.

In der Kunstwelt stiessen seine Werke zuerst auf Hohn und Ablehnung. Doch nach einer Affenbilder-Ausstellung 1957 in London kehrte sich das Blatt: Miró und Picasso hängten sich die Gemälde ins Atelier, Salvador Dalí pries deren Qualitäten. 2005 wurden im Londoner Auktionshaus Bonham drei echte Congos für 33'000 Franken ersteigert.

Wissenschaft oder Kunst?

Das Projekt von Benjamin Egger hat einen anderen Anspruch. Der Künstler will verschiedene Wissenschaftler für seine Passion begeistern. Über 99 Prozent des Genmaterials des Schimpansen gleicht dem seines nächsten Verwandten, dem Menschen. Und doch gibt es erhebliche Unterschiede. Lassen sich Rückschlüsse auf den Menschen ziehen? Kann der Archäologe so den Beginn der Höhlenmalerei erforschen? Oder können Verhaltensforscher vergleichen, wie Bilder bei Kindern entstehen?

Noch steht der Versuch am Anfang und dauert noch mindestens bis im nächsten Jahr. Benjamin Egger möchte jedoch das Experiment zu einem nationalen Forschungsprojekt ausdehnen. Egal, welchen Fortschritt die Affen erzielen, für den Walter Zoo geht dieses Experiment bereits jetzt auf. Denn dank solchen Herausforderungen bleiben Schimpansen in Gefangenschaft agil und werden weniger aggressiv.

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