Ein Halbmond statt des C, der Davidstern statt X und ein Kreuz statt T: Mit dieser Darstellung des Wortes «Coexist» ruft der Street-Art-Künstler Combo zu einem friedlichen Nebeneinander der drei grossen, monotheistischen Weltreligionen auf. Er will darauf hinweisen, dass alle drei eins sind. «Wie in dem Wort Amen», sagt Combo, «das am Ende des Gottesdienstes von Juden, Christen und Moslems verwendet wird.»
Provokation von innen heraus
Sätze wie diesen setzt der studierte Künstler und ehemalige Werbegraphiker unter den Schriftzug «Coexist». Oder solche wie: «In Frankreich gibt es 50'000 Moslems, die unser Land beschützen», «Du kannst Jude und gleichzeitig gegen die Politik Israels sein» oder «No Imam no cry».
Daneben bildet er sich selbst mit Bart, in dem traditionellen Gewand Djellaba und einer Sprühdose ab, einen jüdischen Freund mit Kippa oder einen Christen. Combo, das seien alle drei: Mohamed, Michel, Moshe – drei Namen für ein und dasselbe.
Der Redaktion von Charlie Hebdo sei vorgeworfen worden, Religionen von aussen zu kritisieren. In seinen Werken solle die Kritik, eine Art subversiver Spott, von innen, aus der Gemeinschaft, kommen. «Man muss mit den Menschen lachen, darf sie nicht auslachen.»
6000 Poster in Paris
«Coexist», das war vor allem nach den Anschlägen im Januar 2015, ein Dutzend Mauern hat er damit besprüht, Wände mit rund 600 Plakaten bepflastert. Mit den Anschlägen auf das Konzerthaus Bataclan und zwei Bars im November 2015, hat sich die Arbeit des Street-Art-Künstlers verändert.
«Nach dem Attentat auf das Bataclan, gilt es nun nicht mehr, die eine oder andere Gemeinde zu verteidigen. Alle wurden attackiert.» Für das Projekt «Paris encore debout» (Paris immer noch aufrecht), hat er über soziale Netzwerke Menschen aufgerufen, Fotos von sich zu schicken: stehend, aufrecht. Daraus hat er Collagen angefertigt und überall in der Stadt angebracht. «Das war meine Art zu demonstrieren, meine Art zu trauern.»
Arbeit unter Polizeischutz
Sobald er auf der Strasse arbeite, werde er angegriffen, psychisch, aber auch physisch. «Das sind meist junge Menschen, die nichts mit ihrer Religion – mit der ihrer Eltern – zu tun haben. Die aber Angst haben, dass man sie ihnen wegnehmen könnte», sagt Combo. Für Auftragsarbeiten fordere er Polizeischutz, bei kleineren Arbeiten lebe er mit der Angst: «Das ist Teil des Spiels», sagt er und kreuzt dabei die Finger.
Während das Institut du Monde Arabe derzeit seine Werke ausstellt, ist auch sein Atelier geöffnet. Statt zu arbeiten, diskutiere er viel mit Menschen, im Atelier, auf der Strasse, aber auch in sozialen Netzwerken.
Bald sei es aber wieder an der Zeit etwas schaffen: Die Präsidentschaftswahlen nähern sich. Es gebe viel zu tun, um die Symbole Frankreichs – die von den extrem Rechten missbraucht würden – zurückzuerobern: die Flagge, Marianne, Jeanne d’Arc. Es gelte, eine Debatte zu führen über die Begriffe von Nationalität oder Identität.