«Die Farbe hat mich. Ich brauche nicht nach ihr zu haschen. Sie hat mich für immer, ich weiss das. Das ist der glücklichen Stunde Sinn: Ich und die Farbe sind eins. Ich bin Maler.» Diese flammenden Worte gehören zu den berühmtesten Selbstzeugnissen Paul Klees. Sie finden sich in seinem Tagebuch unter dem Datum 16. April 1914. Da weilte Paul Klee gemeinsam mit seinen Maler-Freunden August Macke und Louis Moilliet in Tunesien.
Im Licht des Südens suchte Klee nach neuen Wegen in der eigenen Kunst. Und wurde fündig: Plötzlich gelangen ihm – der lange von sich geglaubt hatte, ein guter Zeichner, aber nur ein mässiger Maler zu sein – Bilder von unerhörter Farbintensität. Die euphorische Notiz soll er allerdings erst einige Zeit später ins Tagebuch eingefügt haben. Der ehrgeizige Paul Klee wusste offenbar recht gut, was das Publikum im Tagebuch eines erfolgreichen Malers erwartete.
Grosszügige Sammler
Dieses Tagebuch sei eigentlich mehr eine Autobiografie, erklärt Michael Baumgartner, der im Zentrum Paul Klee die Austellung «Die Tunisreise. Klee, Macke, Moilliet» eingerichtet hat. In die Schau, und den dazugehörigen Katalog, sind viele neue Forschungserkenntnisse eingeflossen, wie jene zu Klees Nachbesserungen im Tagebuch.
Zudem eint die aufwendige Ausstellung Werke aus 60 Sammlungen und Museen, darunter viele Arbeiten auf Papier, die aus konservatorischen Gründen nur noch selten gezeigt und noch seltener auf Reisen geschickt werden. Doch für «Die Tunisreise» hat mancher Sammler sich ein wenig grosszügiger als sonst gezeigt. Die Reise, die Klee 1914 mit seinen Freunden unternahm, gilt als kunsthistorisch wichtiges Ereignis. Die letzte umfassende Schau, die sich mit der Reise beschäftigt hat, war 1982 in Münster zu sehen, und bei weitem nicht so umfangreich wie die aktuelle Berner Schau.
Tapisserien und Palmen
Geschickt verbindet die Ausstellung kunsthistorische Aspekte mit stimmungsvollem Ambiente. Eine Tisch-Vitrine mit Tagebüchern und Postkarten belegt, wie Klee die Reise dokumentiert und inszeniert hat. Neben Zeichnungen und Aquarellen, die auf der Reise entstanden, sind auch Arbeiten zu sehen, die in den Jahren danach geschaffen wurden, aber deutlich von der Reise inspiriert sind.
Die Ausstellungsarchitektur untermalt angenehm das Reisethema. Die Trennwände, an denen die Bilder hängen, sind so aufgestellt, dass sie an die verwinkelte Enge einer nordafrikanischen Stadt erinnern. Sandfarbene Wände, Tapisserie und Lederwaren, die Moilliet aus Tunis mitgebracht hatte sowie Schattenspiele, die Palmen und ornamentale Fenstergitter zeigen, zaubern einen Hauch von Orient in den Ausstellungssaal. Die Tunisreise wird so auch für Besucher zum Erlebnis.