Zwei Länder kaufen gemeinsam ein Doppelkunstwerk – so etwas ist in der Kunstwelt eher unüblich. Der Jubel war denn auch gross, als vor wenigen Tagen bekannt wurde, Frankreich und die Niederlande würden Maerten Soolmans und Oopjen Coppit, das Hochzeitspaar von Rembrandt van Rijn, gemeinsam für je 80 Millionen Euro erstehen.
Die Brautleute, die sich 1634 vom Altmeister hatten verewigen lassen, sollten in Zukunft abwechslungsweise in Amsterdam und Paris – aber immer im Doppelpack – gezeigt werden.
Eine sinnvolle Aktion?
Der Amsterdamer Kunstexperte Jan Six zweifelt, ob diese seltsame Aktion sinnvoll ist. Insbesondere die Vorstellung, dass die Bilder ständig hin und her pendeln würden, sei schrecklich. Wenn bei den Transporten etwas passiere, sei Uneinigkeit vorprogrammiert: «Frankreich ist mit Restaurationen sehr zurückhaltend», sagt Six. Das sei nicht nur eine Geldfrage, der Louvre verfüge über kein so ausgebreitetes Restaurationslabor wie das Amsterdamer Reichsmuseum. Zudem würde in den Niederlanden restauriert, weil «wir den Mehrwert davon einsehen».
Der 37-jährige Jan Six ist mit Rembrandts Kunst aufgewachsen. Er ist der elfte Nachfahre des gleichnamigen Bürgermeisters aus dem 17. Jahrhundert. Dieser war mit Rembrandt befreundet und hat sich von ihm 1654 malen lassen.
Das berühmte Gemälde des Kaufmanns Six, das ihn in einem grauen Kostüm mit weissem Kragen und rotem Mantel über der linken Schulter zeigt, ist nach wie vor im Familienbesitz. Inzwischen handelt Jan Six XI. seit 15 Jahren mit Werken aus dem 14. bis 18. Jahrhundert. Zuerst war er Chef Alte Meister beim Auktionshaus Sotheby's, inzwischen hat er einen eigenen Kunsthandel.
Provisorische Panik vor einem Ölscheich
Er kennt nicht nur die Werke, sondern auch deren Käufer. Deshalb ist ihm schleierhaft, weshalb die niederländische Kulturministerin aus Angst, ein reicher Chinese oder ein Ölscheich könnten beim Kauf der beiden Rembrandts zuvor kommen, zur Eile drängte.
Chinesische oder arabische Sammler würden eher moderne Kunst oder Werke aus ihrem Kulturkreis anschaffen: «Die kaufen keine Rembrandts. Und schon gar nicht für 160 Millionen Euro. Seltsam findet der engagierte Kunstexperte zudem, dass beim Kauf durch die beiden Länder kein Fachmann beigezogen wurde. Weltweit gebe es nur drei, vier Kenner, die wüssten, die man ein Geschäft mit einem echten Rembrandt abwickeln müsse: «Keiner von ihnen wurde kontaktiert.»
Ein politisches Ränkespiel
Bekannt ist, dass der Noch-Besitzer, Eric de Rothschild vom französischen Zweig der Milliardärsfamilie, die Kunstwerke zuvor dem Louvre zum Kauf angeboten hatte. Das renommierte Pariser Museum lehnte aus finanziellen Gründen ab. Es, respektive das französische Kulturministerium, zeigte erst Interesse, als der schwerreiche Franzose das Hochzeitspaar dem Amsterdamer Reichsmuseum anbot. Dieses ist für seine grosse Rembrandt-Sammlung weltberühmt. Wer danach welchen Zug in diesem politischen Ränkespiel machte, ist noch immer nicht im Detail bekannt.
Was würde wohl Rembrandt, das Malergenie, das bedürftig gestorben ist und dessen Kunst bis in 19. Jahrhundert geschmäht wurde, dazu sagen, dass seine Werke für interstaatliche Aufmerksamkeit sorgen? Jan Six kennt die Antwort: «Ich denke, er würde total verrückt.»