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Kunst René Burri: «Es kann jederzeit passieren.»

Che Guevara mit Zigarre, Picasso im Streifenhemd: Die Bilder des Schweizer Fotografen René Burri sind weltbekannt. Für die Agentur Magnum war er jahrelang unterwegs. Dabei aber nie draufgängerisch. Ihn interessierte das Menschliche, die Anteilnahme. Burri starb im Alter von 81 Jahren in Zürich.

Er möge die Menschen lieber als Eier und Kaffeetassen, hat der Schweizer Fotograf René Burri einmal gesagt. Als 17-Jähriger lernt er an der Kunstgewerbeschule in Zürich ab 1950 das Foto-Handwerk. Gefragt sind damals präzise Aufnahmen von sorgfältig ausgeleuchteten Gegenständen. Fünf Jahre später interessieren ihn die Menschen mehr. Es zieht ihn in die Welt.

«René Burri hat das Weite gesucht, er wollte raus aus der Schweiz», erinnert sich Peter Pfrunder, Leiter der Fotostiftung Schweiz. «Das war auch ein Aufbruch aus einem Korsett, das die Welt starr eingefangen hat. Und eine Hinwendung zu einem neuen Medium: dem Foto-Journalismus.»

Ihn interessierte das Menschliche, die Anteilnahme

Ab 1956 ist René Burri für die Foto-Agentur Magnum rund um den Erdball unterwegs. In Ägypten, im mittleren Osten, im Gaza-Streifen, in Nord- und Lateinamerika.

Sein drittes Auge, wie René Burri seine Leica nannte, ist immer mit dabei: «Ich hatte immer meine Leica vor dem Bauch. Das hatte ich schon früh bei Cartier-Bresson gelernt: Kamera dabeihaben! Fotografie hat keine Uhrzeit. Es kann jederzeit passieren.»

Als draufgängerischer Kriegsreporter war René Burri nie unterwegs. Bilder von Toten und Verletzen hat er keine gemacht. Ihn interessierten die Umbrüche, das Menschliche, die Anteilnahme.

Fotoarbeiten von René Burri

Das wird schon in seiner ersten Foto-Reportage über die Zürcher Musikpädagogin Mimi Scheiblauer mit gehörlosen Kindern deutlich. 1955 reichte Burri diese Arbeit bei der Fotoagentur Magnum ein und erhielt den Zuschlag. Die Bilder wurden in der Zeitschrift «Science et vie» publiziert. Vier Jahre später nahm ihn Magnum als Vollmitglied auf.

Ikonen-Fotograf

Die Anteilnahme in seiner Fotografie wird auch in seinen Porträts von Persönlichkeiten wie Picasso, Le Corbusier sichtbar. Oder auf dem Foto vom kubanischen Industrieminister Che Guevara mit der Zigarre im Mund. Ein Bild, das 1963 entstand.

Sein erstes Bild einer prominenten Person schiesst er schon im Alter von 13 Jahren, als er Winston Churchill in Zürich ablichtete. «René Burri war angezogen von den tiefen Persönlichkeiten», so Peter Pfrunder, Leiter der Fotostiftung. «Das waren alles Menschen, die mit ihren Ideen die Welt gestaltet haben.» Dass es sich dabei um Berühmtheiten handelte, sei für Burri nebensächlich gewesen.

Fliegen im Flug fangen

Sendungen zum Thema

Für solche Porträts brauche es Geduld. Als Fotograf müsse er Nähe erzeugen können, ohne wirklich wahrgenommen zu werden, erzählte Burri in einem Interview vor ein paar Jahren. Und vor allem schnell müsse man sein – etwas, das er bereits als Kind geübt habe: «Ich habe unbewusst trainiert, Fliegen im Flug zu fangen. Das kam mir später bei der Fotografie sehr zugute.»

Zu Burris Werk gehören auch Fotobücher. 1959 bis 1961 bereiste er Deutschland. Die Aufnahmen unter anderem über den Mauerbau erschienen 1962 im Band «Die Deutschen».

Der Schweizer Fotograf, der stets mit Hut, Halstuch und seiner Leica auftrat war ein Fotograf mit Weltruf. Einer, der die Glanzzeiten des engagierten Foto-Journalismus mitgeprägt hat. Und René Burri war aber auch ein begnadeter Erzähler. Einer, der im Gespräch gewitzt und charmant war.

Trotz Krankheit hat René Burri fotografiert. In den letzten Jahren hat er sich vor allem für die kleinen Dinge interessiert. Und das nicht mehr mit der Absicht Grosses zu erzählen.

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