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Kunst Roman Signer - Der Sprengmeister mit Humor

Kunst gilt als ernste Sache. Bei Roman Signer wird sie zu einer ernsten Sache mit Witz. In seinem Werk ist ein Humor spürbar, der von tiefer Einsicht ins Leben spricht und durch Klugheit beglückt.

Kann ein kugelsicherer Regenschirm seinen Besitzer schützen? Roman Signer hat es ausprobiert. 1997 entdeckte er im Schaufenster eines Waffengeschäfts in New York einen dunklen Schirm, der als kugelsicher angepriesen wurde. Signer kaufte den Schutzschirm, montierte einen roten Luftballon darunter und machte den Schuss-Test. Der Schirm hielt. Der Ballon blieb heil.

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Roman Signer machte den Schutz-Schirm zum objet trouvé, das den Betrachter nachdenklich schmunzeln lässt. Einen Angriff mit einem Regenschirm zu parieren, das klingt mehr nach Action-Kino als nach Realität. Der im Titel lauernde Anspruch und die visuelle Alltäglichkeit des Objekts klaffen auseinander und schaffen ein Erstaunen, das nicht frei von Komik ist.

Witz

Roman Signer, der am 19. Mai seinen 75. Geburtstag feiert, versteht es, aus dem Alltäglichen und heraus, eine Komik zu generieren, die das vermeintlich Vertraute und Normale hinterfragt. Auf einem Veloweg im niederländischen Zeewolde stellt Signer eine Windkabine auf, die durchfahrenden Radlern einen Moment lang starken Seitenwind beschert. In Appenzell hat er am Ufer der Sitter einen Tisch errichtet, der je nach Belastung kippen kann, so dass alles darauf Liegende in den Fluss rutscht.

Kampf

Der grosse Kampf des Menschen mit der Natur und den Elementen klingt in solchen Arbeiten ebenso an wie all die kleinen Kämpfe mit den vielen Objekten, die der Mensch in die Welt gesetzt hat, um sich das Leben zu erleichtern. Signers Witz hat etwas Widerständiges, das der Wirklichkeit momentweise ihre existentielle Wucht nehmen kann. Und darum etwas Entlastendes, Beglückendes. Mit Roman Signer lernt man die Welt und sich selbst einmal weniger schwer zu nehmen. Er selbst hat einmal gesagt: es liege etwas Tröstliches darin, dass auch die schlimmsten Dinge eine amüsante Seiten haben können.

Werte

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Beim Namen Roman Signer denken viele zuerst an seine Sprengungen. Auch das gehört zum Werk des gebürtigen Appenzellers, der heute in St. Gallen lebt und der auf Wunsch der Eltern mit einer bodenständigen Berufsausbildung begann. Er lernte Radiomonteur. Er tüftelt und bastelt gern. Und er lässt es gern knallen. Und sein Humor kennt durchaus slapstickhafte Elemente. Zum Beispiel wenn er sich die Mütze vom Kopf oder die Brille von der Nase sprengt.

Das klingt nach Spektakel, nach Unterhaltung. Eine heikle Sache in der Kunst. Geht es hier doch um hohe Werte oder doch wenigstens um viel Geld. Darf man also über Kunst lachen? Roman Signer stellte einmal die Gegenfrage: «Muss Kunst langweilig sein?»

Langeweile

Es gibt langweilige Kunst. Roman Signers Kunst gehört nicht dazu. Roman Signer treibt nicht bloss wilden Scherz. Er hat einen sehr wachen Blick für die stille vertrackte Komik, die entsteht, wenn Wirklichkeit und Erwartung sich aneinander reiben.

Er verwandelt Gummistiefel in Wasserfontänen, lässt Stand-Ventilatoren gegeneinander anblasen und neben einer 100 Meter Rennbahn in Trogen installiert er 1993 ein mit Beton gefülltes Kajak an Seilen, das durch einen Motor bewegt wird und ein Jahr braucht, um die Sprintstrecke zu überwinden.

Rebellion

Sportsgeist und Wettbewerbsdenken werden sanft hinterfragt. Sigmund Freud sah im Humor eine Art Selbstreinigungskraft der Seele. Humor ist nicht resignativ, er ist im besten Sinne rebellisch. Diese Kraft des Humors ist auch bei Signer spürbar. Es ist ein Humor, der nicht immer an der Oberfläche sichtbar ist. Er speist sich aus der Durchdringungen des Alltags, aus Einsicht ins Unveränderliche und einer grossen Klugheit.

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