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Kunst Tourismusförderung: ein Walliser Bergdorf setzt auf Kunst

Im Walliser Bergdorf Lens eröffnet die Fondation Pierre Arnaud. Das private Kunstzentrum will sommers wie winters Besucher anlocken. Unter anderem aus dem benachbarten Crans-Montana. Ski und Kunst: In St. Moritz und Davos funktioniert dieses Konzept. Gilt dasselbe fürs Wallis?

Wie ein Ragusa-Riegel wirkt der Bau der Fondation Pierre Arnaud im Walliser Bergdorf Lens. In der Glasfassade der modernen Architektur spiegeln sich die Sonne und ein atemberaubendes Bergpanorama. Innen ist Platz für Restaurant, Bücherladen, Komfortzone und eine Ausstellungsfläche von rund 100 Quadratmetern für Wechselausstellungen.

Französische Meister und Schweizer Künstler

Auf zwei Stockwerken breitet sich nun die erste der geplanten Ausstellungen aus. Gewidmet ist sie dem Divisionismus. Französische Meister wie Seurat oder Signac haben diese Kunstrichtung der Jahrhundertwende populär gemacht. Beim Divisionismus wurden die Farben nicht auf der Leinwand gemischt, sondern es kamen diverse farbige Flecke nebeneinander zu liegen. Das Auge der Betrachter macht die Mischung, und das verleiht divisionistischen Bildern ein besonderes Leuchten.

Die Divisionismus-Ausstellung der Fondation Pierre Arnaud legt mit zahlreichen Leihgaben aus italienischen, belgischen und deutschen Museen ein besonderes Augenmerk auf die internationale Ausprägung dieses Kunststils. Der Kurator und künstlerische Leiter der Fondation, Christophe Flubacher, interessiert sich ausserdem für die divisionistische Leistungen von Schweizer Malern wie Giovanni Giacometti oder Cuno Amiet. Flubacher sieht sie durchaus auf der Höhe der internationalen Künstlerkollegen.

Ausstellungsbesuch statt Wellness und Après Ski?

Mit seinen geplanten Wechselausstellungen im Sommer und im Winter folgt das Kunstzentrum dem Rhythmus, den der Tourismus im benachbarten Crans-Montana vorgibt. Winters will man die Skifahrerinnen ins Haus locken und sommers die Golfer oder Wanderer. Rund 10 Prozent der Urlauber, die jährlich Crans-Montana besuchen, will das neue Kunstzentrum anlocken. 70‘000 Besucher werden angepeilt, das ist sportlich.

Die Kombination von Kunst und Ski hat der Unternehmer und Stiftungspräsident Daniel Salzmann im Sinn. Das Konzept mag an gewissen Orten funktionieren. In St. Moritz begegnen namhafte Galerien mit Ablegern im Engadin ihrem kaufkräftigen Publikum. Als feste Institution bietet sich etwa das Kirchner Museum in Davos als Vorbild an. Das allerdings kann mit einem wirklich spektakulären modernen Bau der Architekten Gigon/Guyer aufwarten und mit einer ebenso spektakulären Bildersammlung von Ernst Ludwig Kirchner. Für den Publikumserfolg benötigte das Kirchner Museum dennoch eine gewisse Anlaufzeit.

Betriebskosten als Stolperstein

Ob die Fondation Pierre Arnaud im Walliser Bergdorf Lens diese Zeit hat und ob Skitouristen im Wallis der Sinn wirklich auch nach Kunst steht, ist ungeklärt. Als private Stiftung hat die Fondation den Grossteil des Baus (rund 15 Millionen Franken) privat finanziert. Beteiligt am Bau sind auch die Loterie Romande und die Gemeinde von Lens mit grösseren Beiträgen.

Aber problematisch sind erfahrungsgemäss nicht die Baukosten, sondern der Betrieb. Auf rund fünf Millionen Franken werden die jährlichen Betriebskosten von der Stiftung derzeit geschätzt. Und rund Dreiviertel muss das neue Haus selbst erwirtschaften über Einnahmen oder Sponsorengelder. Auch das ist eine ziemlich sportliche Vorgabe.

Andere Walliser Kulturinstitutionen fürchten denn auch bereits, dass auch die Fondation Pierre Arnaud an die kantonalen Kultur-Fördergelder wolle. «Und dieser Topf ist nicht so gross», so Sibylle Omlin, Direktorin der Ecole cantonale d’art du Valais. Und an der Dienststelle Kultur, der kantonalen Kulturabteilung, wird klar signalisiert, dass an der Unterstützung einer privaten Kunstinstitution kein Interesse bestehe. Soweit die erste kulturpolitische Auslegeordnung.

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