Auf einen Schlag erhält das relativ kleine Musée Jenisch in Vevey 630 Werke von Ferdinand Hodler geschenkt. Die Werke stammen aus der Sammlung des Berner Malers und Kurators Rudolf Schindler. Bisher besassen vor allem Museen in Bern, Genf und Zürich Zeichnungen von Hodler.
Schindler sammelt bereits seit 1956 Werke von Ferdinand Hodler. Damals widmete er dem berühmten Schweizer Künstler in Biel eine Ausstellung – und begegnete dabei Hodlers Witwe Berthe. Sie habe ihm Einblick in ganze Mappen von Skizzen und Zeichnungen gegeben, teilte das Musée Jenisch mit.
Von Berthe Hodler kaufte der Berner Maler und Kurator Schindler später den Grossteil der Zeichnungen seiner heutigen Sammlung. Damals interessierte sich noch kaum jemand für das zeichnerische Werk Hodlers.
Eine kleine Sensation
«Das ist sicher eine kleine Sensation, wenn jetzt nochmals so viele Zeichnungen in die öffentliche Hand kommen», sagt der Kunsthistoriker Paul Müller. Er erforscht am Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft in Zürich das Gesamtwerk Ferdinand Hodlers.
Doch wieso erhält Vevey die Sammlung? Dem 100-jährigen Rudolf Schindler ist wichtig, dass die über 600 Werke zusammenbleiben – in Vevey ist das möglich. Müller sagt: «Ich finde es gut, dass ein kleineres Museum, das sich ausgewiesen hat mit einer guten Pflege und Konservation von Arbeiten auf Papier, diese Werke bekommt.»
Ferdinand Hodler war ein passionierter Zeichner, er machte jeweils unzählige Zeichnungsstudien auf Papier. «Man sieht dabei sozusagen dem Künstler über die Schultern, wie er anhand der Zeichnungen eine Komposition für ein Gemälde vorbereitete», sagt Müller.
30 Gemälde und zahlreiche Zeichnungen
Bereits zwischen 1999 und 2002 vertraute Schindler dem damaligen Direktor des Musée Jenisch Teile seiner Sammlung an. Kürzlich nun überbrachte Schindler dem Museum über 560 Hodler-Blätter. Der Sammler versprach diesen Bestand dem Museum als Vermächtnis nach Ende seines Lebens. Unter den insgesamt 630 Werken befinden sich rund 30 Gemälde und zahlreiche Zeichnungen.
Über den Wert der Sammlung wurden keine Angaben gemacht – nur Einschätzungen: Ein Hodler-Gemälde sei vier bis fünf Millionen Franken wert, eine Zeichnung zwischen 5000 und 100'000 Franken, so Julie Enckell Julliard, Direktorin des Musée Jenisch. «Der für das Museum höchst bedeutsame Bestand bereichert die Sammlungen der Stadt Vevey nicht nur um ein ausserordentliches Kulturerbe, sondern ist gleichzeitig ein Beitrag zur Bekanntmachung des zeichnerischen Werks Ferdinand Hodlers», teilte das Museum mit.
Grosse Ausstellung für 2015 geplant
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Dass die Werke der Stadt Vevey geschenkt werden, lässt sich auch mit der Verbundenheit Hodlers mit der Region begründen. Er malte in Chexbres zahlreiche berühmte Genfersee-Ansichten und kam häufig nach Vevey zu seiner Geliebten Valentine Godé-Darel. 1918 verstarb der Künstler in Genf.
Im Vermächtnis befindet sich auch ein Gipsabguss des Kopfes der Geliebten. Die Hodler-Werke werden nun inventarisiert, dokumentiert und analysiert. Das Musée Jenisch will sie bereits im Sommer 2015 in einer grosse Ausstellung zeigen.